Achtsamkeit wird als Schlagwort häufig benutzt, wenn wir über das Sein im „Hier und Jetzt“ sprechen. Doch was ist Achtsamkeit eigentlich und wie kann sie hilfreich sein für unser Unternehmen? Im folgenden Artikel betrachten wir das Thema genauer. Was bedeutet Achtsamkeit im Alltag, im Unternehmen und speziell für Führungskräfte?
Was ist Achtsamkeit?
Achtsam sein heißt: Ich nehme wahr, was ist. Mit allen meinen Sinnen. Ich lenke meine Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Augenblick. Klingt einfach, ist es aber nicht. Denn achtsam sein heißt, etwas weniger zu tun, das wir die ganze Zeit machen. Bewerten.
Ich nehme wahr, was ich jetzt fühle. Ich nehme wahr, was ich jetzt denke. Ich nehme wahr, was ich jetzt höre. Ich nehme wahr, was ich jetzt sehe. Mehr nicht.
Dieses „Mehr nicht“ ist das A und O.
Wahrnehmen, was ist.
Achtsamkeit im Alltag
Achtsamkeit kann eine enorme Wirkung auf unseren Alltag haben. Warum? Weil das „bloße“ Wahrnehmen ein klarer, unverstellter Blick auf unser Leben ist. Auf unser Leben, wie es wirklich ist – nicht, wie es sein sollte oder sein könnte.
So hilft uns Achtsamkeit dabei, uns nicht in unseren Gedanken zu verheddern. Sie verhindert auch, dass wir gegen etwas kämpfen, bei dem wir von vorneherein keine Chance haben zu gewinnen. Denn die Wirklichkeit ist so viel mächtiger als unsere Ideen über sie. Sie „besiegen“ zu wollen, ist wie der Versuch, einen Pinguin in die Wüste zu versetzen.
Wenn wir also in dieser Weise achtsam sind und wahrnehmen, was ist, haben wir etwas ganz Entscheidendes erreicht: Wir sind im Hier und Jetzt. Wir sind da.1
Was ist Achtsamkeit nicht?
Achtsam sein heißt nicht, das zu tun, was wir im Alltag so häufig machen. Im „Autopilotenmodus“ leben. Das ist grundsätzlich auch gut so, denn ohne kämen wir im Alltag gar nicht zurecht. Dann müssten wir uns zum Beispiel bei jedem Schritt Gedanken machen, wie die Bewegung aussieht. So könnten wir gar nicht leben.
Schwierig wird es erst, wenn der „Autopilotenmodus“ überhandnimmt. Wenn wir nach gewohnten Mustern funktionieren und das gar nicht mehr in Frage stellen. Dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass unser Denken, Fühlen und/oder Handeln nicht (mehr) zur Situation passen. Damit werden wir unflexibel.
Zum „Autopilotenmodus“ gehört auch das sog. Multitasking. Für dieses Nebeneinander bezahlen wir ebenfalls einen Preis. Warum? Wir sind mit unseren Gedanken bei Vergangenem oder Zukünftigem, während wir in der Gegenwart möglichst viele Aufgaben parallel erledigen wollen. So nehmen wir nur einen Bruchteil dessen wahr, was um uns herum geschieht. Wir verpassen den Moment und im Grunde auch das wirkliche Leben.
Was ist Achtsamkeit im Unternehmen?
Achtsamkeit im Unternehmen bedeutet, eine Kultur zu fördern, in der Mitarbeiter und Führungskräfte ihre Gedanken, Emotionen und Handlungen bewusst wahrnehmen und reflektieren, anstatt impulsiv oder automatisch zu reagieren. Achtsamkeit ist eine aufmerksame und wertfreie Art der Wahrnehmung des gegenwärtigen Moments und hilft, Stress zu reduzieren, die Kommunikation zu verbessern und ein positives Arbeitsklima zu schaffen.
Elemente und Vorteile von Achtsamkeit im Unternehmen
- Stressreduktion: Achtsamkeitstechniken wie Meditation und Atemübungen helfen Mitarbeitern, mit Stress besser umzugehen. Regelmäßige Praxis kann das allgemeine Wohlbefinden steigern und Burnout-Risiken senken, da Mitarbeiter lernen, entspannter auf Herausforderungen zu reagieren.
- Bessere Konzentration und Produktivität: Durch Achtsamkeit trainieren Mitarbeiter ihre Fähigkeit, den Fokus zu halten und Aufgaben konzentrierter zu bearbeiten. Dies fördert die Effizienz und senkt die Fehlerquote, da sich die Mitarbeiter besser auf ihre Arbeit einlassen können.
- Verbesserte Kommunikation und Zusammenarbeit: Achtsamkeit fördert empathisches Zuhören und respektvolle Kommunikation. Mitarbeiter werden ermutigt, nicht nur eigene Bedürfnisse zu äußern, sondern auch die Perspektiven anderer zu verstehen und zu respektieren, was die Teamdynamik stärkt.
- Emotionale Intelligenz und Konfliktmanagement: Achtsamkeit schärft das Bewusstsein für eigene Emotionen und die der anderen. Dies verbessert die emotionale Intelligenz und hilft, Konflikte frühzeitig zu erkennen und konstruktiv anzugehen, was zu einem harmonischeren Arbeitsklima führt.
- Förderung einer gesunden Unternehmenskultur: Unternehmen, die Achtsamkeit integrieren, zeigen eine klare Wertschätzung für das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter. Durch achtsame Führung, unterstützende Angebote und offene Kommunikation wird eine Kultur des gegenseitigen Respekts und der Selbstfürsorge etabliert.
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Was bedeutet Achtsamkeit für Führungskräfte?
Achtsamkeit bedeutet, den Moment bewusst wahrzunehmen, ohne ihn zu bewerten. Für Führungskräfte heißt das konkret: Anstatt zwischen Meetings, E-Mails und Deadlines zu hetzen, lernen sie, den gegenwärtigen Moment fokussiert zu erleben. Sie gewinnen Klarheit, indem sie ihre Gedanken, Emotionen und Reaktionen besser beobachten und reflektieren. Das Ergebnis? Ein achtsamer Führungsstil, der durch Selbstreflexion und Empathie geprägt ist.
Wie lässt sich Achtsamkeit im Unternehmen fördern?
- Achtsamkeitstrainings und Meditationseinheiten: Regelmäßige Workshops oder kurze tägliche Meditationsangebote können Mitarbeitern helfen, Achtsamkeitstechniken zu erlernen und zu üben.
- Achtsame Führung: Führungskräfte sollten eine achtsame Haltung vorleben, etwa durch bewusste Kommunikation, respektvolles Zuhören und eine wertschätzende Fehlerkultur.
- Rückzugsräume und Pausen fördern: Unternehmen können Pausen und Rückzugsräume schaffen, die Mitarbeitern ermöglichen, sich zwischendurch zu erholen und Stress abzubauen.
- Flexible Arbeitsmodelle und Work-Life-Balance: Achtsamkeit im Unternehmen bedeutet auch, Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, Beruf und Privatleben in Balance zu halten, was das Wohlbefinden langfristig unterstützt.
Achtsamkeit im Unternehmen ist damit mehr als ein Trend: Sie stellt eine bewusste Entscheidung dar, eine Arbeitskultur zu schaffen, in der Produktivität und menschliches Wohlbefinden Hand in Hand gehen.
Wie geht Achtsamkeit?
Achtsamkeit heißt, etwas Bestimmtes zu tun und das auf eine ganz bestimmte Art und Weise zu machen. Es geht um das „Was“ und das „Wie“.
Die Was-Fertigkeiten der Achtsamkeit sind:
- Wahrnehmen: Sich auf das einlassen, was im Augenblick da ist. Dazu gehört die Welt um Sie herum ebenso wie Ihre Gefühle und Gedanken.
- Beschreiben: Worte finden für Ihre Gedanken und Gefühle. Schon das Benennen schafft Abstand dazu.
- Teilnehmen: „Aufgehen“ im gegenwärtigen Moment und ganz aus dem Moment heraus handeln. Eins werden mit dem, was Sie gerade tun und erleben. Ohne nachzudenken, was gerade los ist.
Die Wie-Fertigkeiten der Achtsamkeit sind:
- Annehmend: Sie nehmen die Situation wahr, wie sie gerade ist und akzeptieren Sie in ihrem „So-Sein“. Keine Bewertung. Kein Festhalten an Gedanken und Gefühlen.
- Konzentriert: Tun Sie das, was Sie gerade machen, mit Ihrer vollen Aufmerksamkeit. Bleiben Sie bei sich und bei dieser Sache.
- Wirkungsvoll: Tun Sie, was im Moment möglich ist. Und tun Sie es so, dass es funktionieren kann.
Wie lässt sich Achtsamkeit in den Führungsalltag integrieren?
- Achtsame Pausen: Kurze Pausen, in denen Führungskräfte sich bewusst zurücknehmen, tief durchatmen und ihre Gedanken fokussieren, können Wunder wirken. Schon ein paar Minuten zwischen Meetings oder nach intensiven Arbeitseinheiten helfen, den Kopf freizubekommen und Energie zu tanken.
- Bewusstes Zuhören: Achtsames Zuhören bedeutet, den Mitarbeiter*innen die volle Aufmerksamkeit zu schenken, ohne abzuschweifen oder sofort auf Antworten zu schielen. Diese bewusste Form des Zuhörens fördert eine tiefere Verbindung und zeigt dem Gegenüber Wertschätzung.
- Meditation und Atemtechniken: Regelmäßige Meditation – ob in der Früh oder vor dem Schlafengehen – unterstützt Achtsamkeit langfristig. Auch Atemübungen können in stressigen Momenten helfen, wieder in einen ruhigen Zustand zurückzukehren.
- Achtsames Führen durch Fragen: Statt schnelle Lösungen anzubieten, können Führungskräfte durch gezielte Fragen die Eigenverantwortung und Kreativität der Mitarbeiter fördern. Fragen wie „Was braucht ihr, um diese Herausforderung zu meistern?“ oder „Wie können wir das gemeinsam angehen?“ signalisieren Unterstützung und fördern eine kooperative Teamkultur.
Praxisteil zur Anregung
Achtsamkeit braucht – Sie ahnen es – Übung und Dranbleiben. Ein paar Minuten jeden Tag, die aber regelmäßig. Die Erfahrung zeigt, dass sich nach etwa 6 Wochen erste Veränderungen einstellen. Sie merken es zum Beispiel daran, dass Sie ruhiger werden, dass Sie bestimmte Situationen gefühlsmäßig nicht mehr so mitnehmen. Oder dass Sie es schaffen, Ihre Reaktionen im Fühlen, Denken und Handeln mit etwas mehr Abstand zu beobachten. So fühlen Sie sich (immer) weniger ausgeliefert und hilflos.
Sie werden wieder Herrin und Herr im eigenen Haus. Damit machen Sie sich das größte Geschenk überhaupt: Freiheit!
Anregung 1: 5-4-3-2-1
Diese Übung können Sie im Stehen, Sitzen oder Gehen durchführen. Atmen Sie ein paar Mal tief durch und beginnen Sie.
- Benennen Sie (leise für sich) 5 Dinge, die Sie gerade sehen.
- Benennen Sie 4 Dinge, die Sie gerade fühlen, z.B. den Stoff des Pullis auf Ihrem Arm.
- Benennen Sie 3 Dinge, die Sie gerade hören.
- Benennen Sie 2 Dinge, die Sie gerade riechen.
- Benennen Sie 1 Sache, die Sie gerade schmecken.
Wenn Ihnen beim Riechen oder Schmecken nur eine Sache einfällt, oder gar keine, macht das nichts. Es geht darum, dass Sie sich einen Moment lang auf diese Sinne konzentrieren.
Wahrscheinlich tauchen während der Übung auch Gedanken und/oder Gefühle auf. Das ist absolut normal. Nehmen Sie diese kurz wahr und richten Sie Ihre Aufmerksamkeit dann wieder auf die Übung.
Anregung 2: Achtsames Warten
Achtsamkeit lässt sich sehr gut in unseren Alltag einbauen – zum Beispiel beim Warten. An der Kasse oder auf die S-Bahn … meistens lenken wir uns in diesen Situationen ab. Wir greifen zum Handy oder lassen Gedanken kommen. Im schlimmsten Fall fangen wir an zu grübeln. Da ist er wieder, der „Autopilot“.
Dabei lässt sich so eine Zwangspause auch als Gelegenheit sehen, ein paar Momente zur Ruhe zu kommen. Das geht zum Beispiel so:
- Richten Sie die Aufmerksamkeit auf Ihre Füße. Spüren Sie deren Auflagefläche zum Boden – Zehen, Ballen, Mittelfuß, Ferse. Wie stehen Sie da?
- Verlagern Sie dann das Gewicht auf den rechten Fuß. Der linke liegt nur noch locker auf. Spüren Sie, wie der Boden Sie trägt. Wie verändert sich die Auflagefläche? Spüren Sie Spannung im tragenden rechten Bein? Beobachten Sie Ihre Körperempfindungen.
- Wiederholen Sie dasselbe mit dem linken Fuß.
Anregung 3: Jonglieren
Wieso ausgerechnet Jonglieren? Das fragen Sie sich vielleicht gerade. Die Antwort ist einfach: Weil Jonglieren eine Achtsamkeits-Übung par excellence ist!
Sie müssen sich wirklich auf das einlassen, was Sie gerade tun, darin aufgehen und sich wirklich konzentrieren. Sonst fallen die Bälle runter – ganz einfach.
Und nebenbei tun Sie auch Ihren Gehirn etwas Gutes. Denn die sanften Bewegungen beim Werfen und Fangen regen die Durchblutung an. Das Gehirn bekommt auf diese Weise Sauerstoff. Zur Koordination müssen zudem beide Gehirnhälften zusammenarbeiten. Sie sind über den sog. „Balken“ (Corpus Callosum) aus rund 300 Millionen Nervenfasern miteinander verbunden. Jonglieren aktiviert diese Region ganz besonders. Gleichzeitig wird das Protein BDNF gebildet, das für das Wachstum neuer Gehirnzellen sorgt. Forscher der Uni Regensburg fanden in einer Studie im Jahr 2004 heraus, dass das Gehirnvolumen der Probanden nach regelmäßigen Jonglage-Übungen zunahm.
Zugleich entspannt Jonglieren. Die Bewegung baut Stresshormone ab. Und nicht zuletzt stellen sich erste Erfolge erstaunlich schnell ein. Sie werden innerhalb weniger Minuten sicherer. Damit wächst auch der Spaß am Jonglieren. Das Glückshormon Dopamin wird ausgestoßen; es macht zufrieden und wach.
Hier ist die Anleitung im Video – viel Spaß beim Üben.2
Schließen wir mit einer Geschichte
Sie gingen durch den Lärm der Großstadt. Plötzlich blieb Paul stehen und sagte: „Hör mal, eine Amsel.“ Aber Rainer hörte nur Autolärm, eilige Schritte und verkaufsfördernde Popmusik. „Irgendwo muss sie sich ein Nest gebaut haben“, beharrte Paul. Rainer legte den Kopf schief, gab sich Mühe. Und jetzt nahm er ihn tatsächlich wahr, den fernen Ruf eines Vogels. „Du hast ein verdammt gutes Gehör!“ „Nein.“ sagte Paul. „Meine Ohren sind nicht besser als deine oder die anderer Leute. Pass auf, ich beweise es dir.“ Er nahm ein Euro Stück aus der Tasche warf es hoch und ließ es auf das Pflaster klimpern. Sofort blieben einige Passanten stehen und suchten den Boden mit den Augen ab. „Siehst du“, meinte Paul. „Wir haben alle ein gutes Gehör. Entscheidend ist nur auf was wir achten.“3
Gemeinsam geht’s leichter…
… das wissen wir alle. Und oft bringt ein persönliches Gespräch große Entlastung – auch wenn Sie merken, dass Sie das Thema Achtsamkeit anspricht, die Umsetzung aber so gar nicht gelingen mag.
Dann kann eine psychosoziale Beratung helfen, z.B. im Rahmen der externen Mitarbeiterberatung (auch genannt Employee Assistance Program, kurz EAP). Externe Mitarbeiterberatung ist ein Angebot von Unternehmen für ihre Beschäftigten und deren Angehörige. Diese können rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr beim Bereitschaftsdienst anrufen und sprechen sofort mit erfahrenen Berater*innen.
Im Anschluss daran unterstützt ein interdisziplinäres Team, berufliche, private oder persönliche Fragen anzugehen und so gut wie möglich zu lösen. Die Beratung ist für Mitarbeitende unserer EAP-Kunden kostenfrei, absolut vertraulich und auf Wunsch auch anonym.
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Nehmen Sie gerne mit uns Kontakt auf bei Fragen oder Beratungsbedarf. Wir freuen uns von Ihnen zu hören!