Resilienz ist nicht neu. Dennoch erlebt das Konzept heute eine Renaissance – gerade für Führungskräfte. In Zeiten, in denen die Krise zur neuen Normalität wird, rückt die Fähigkeit, flexibel und selbstbewusst mit Unsicherheiten umzugehen, in den Fokus
Diese „Stehaufmännchen-Qualitäten“ reichen jedoch über das bloße Weiterfunktionieren hinaus: Moderne Resilienz bedeutet, neue Perspektiven zu entwickeln, alte Denkweisen loszulassen und sich selbst in veränderten Kontexten zu behaupten. Führungskräfte, die diese Kompetenzen in sich und ihren Teams stärken, legen die Grundlage für nachhaltigen Erfolg – gerade in einer Welt, die von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität (VUCA) geprägt ist.

Die Wurzeln der Resilienzforschung
Die US-amerikanische Psychologin Emmy Werner, oft als Pionierin der Resilienzforschung bezeichnet, zeigt in ihrer über 40 Jahre dauernden Langzeitstudie die essenzielle Bedeutung von Resilienz auf. Sie begleitete knapp 700 Kinder aus unterschiedlichsten sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen. Besonders beeindruckend war das Ergebnis bei jenen Kindern, die unter widrigsten Bedingungen aufwuchsen – sei es durch Armut, familiäre Gewalt oder Vernachlässigung. Ein Drittel dieser Kinder entwickelte sich dennoch positiv, während andere scheiterten. Werners Fazit: Es sind nicht die Rahmenbedingungen allein, die zählen, sondern der individuelle Umgang mit Herausforderungen.
Für Führungskräfte liegt hierin eine wichtige Lektion: Die Förderung von Resilienz ist weniger eine Frage der äußeren Umstände als der inneren Haltung.
Resilienz verstehen – von Robustheit zur Anpassungsfähigkeit
Der Begriff Resilienz hat seine Wurzeln in der Physik. In der Werkstoffkunde beschreibt er die Fähigkeit eines Materials, nach Verformung wieder in seinen Ursprungszustand zurückzukehren. Diese Sichtweise wurde ursprünglich auf Menschen übertragen, was zur Vorstellung der Resilienz als „Robustheit“ führte: die Fähigkeit, Rückschläge zu überstehen und den Ausgangszustand wiederherzustellen.
Doch was passiert, wenn der „Status quo ante“ nicht mehr existiert? In einer dynamischen Arbeitswelt, die von ständigen Veränderungen geprägt ist, reicht die alte Idee der Resilienz nicht aus.
Resilienz stärken – Workshops für Führungskräfte und Teams
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Resilienz als Anpassungsfähigkeit
Es braucht ein neues, weiterentwickeltes Verständnis von Resilienz. Eines, in dem eine evolutionär-innovationsorientierte Perspektive an Relevanz gewinnt. Hier spielen Sicherheit und Unsicherheit eine zentrale Rolle. So verstehen resiliente Menschen Sicherheit nicht (mehr) als statischen Zustand, sondern als einen dynamischen Prozess, der immer wieder neu aufgebaut und ausgehandelt werden muss. Ihre Fähigkeit liegt vor allem darin, diese Tatsache anzunehmen, zu handeln und damit erfolgreich zu sein. Denn wer sich wiederholt als wirksam im Umgang mit Unsicherheit erlebt, baut Sicherheit in sich selbst auf und entwickelt sich weiter. Zielpunkt hier ist nicht mehr der alte, sondern ein neuer Status quo – im Einklang mit den neuen Rahmenbedingungen. So gelingt die Adaption an ein sich beständig veränderndes Umfeld. Damit steht moderne Resilienz in erster Linie für Anpassungsfähigkeit.
Resilienz als dynamische Kompeten
Resilienz im modernen Verständnis ist folglich keine statische Fähigkeit, sondern ein lebenslanger Prozess. Besonders für Führungskräfte gilt: Anpassungsfähigkeit bedeutet nicht, die eigene Stabilität aufzugeben, sondern flexibel zu bleiben, ohne die eigene Haltung zu verlieren. Es geht darum, Altes loszulassen, Bewährtes zu nutzen und Neues zu integrieren – immer wieder. Resilienz stärkt nicht nur die persönliche Handlungsfähigkeit, sondern wirkt sich direkt auf das gesamte Team aus. Führungspersönlichkeiten, die ihre Resilienz weiterentwickeln, schaffen die Grundlage für eine nachhaltige, innovationsfreudige Unternehmenskultur.
Drei Grundhaltungen für Resilienz – und ihre Umsetzung im Führungsalltag
Resilienz baut auf drei grundlegenden Haltungen auf: Optimismus, Akzeptanz und Lösungsorientierung. Für Führungskräfte bedeutet das:
- Optimismus: Die Zuversicht, dass Herausforderungen gemeistert werden können, ist ein zentraler Baustein resilienter Führung. Dieser Optimismus sollte durch realistische Ziele und klare Kommunikation gestützt werden.
- Akzeptanz: Führungskräfte müssen lernen, Gegebenheiten zu akzeptieren, die sie nicht ändern können, und ihre Energie auf das zu richten, was gestaltbar ist.
- Lösungsorientierung: Statt sich auf Probleme zu fixieren, sollten Führungskräfte die Möglichkeiten in den Vordergrund rücken – sowohl für sich selbst als auch für ihre Teams.
Vier Kompetenzen resilienter Führungskräfte
Auf dieser Basis entwickeln resiliente Führungspersönlichkeiten folgende Fähigkeiten:
- Selbstregulation: Den eigenen emotionalen Zustand steuern und so auch in Krisen handlungsfähig bleiben.
- Verantwortungsübernahme: Entscheidungen treffen und die Konsequenzen tragen – auch in unsicheren Zeiten.
- Beziehungsfähigkeit: Beziehungen zu Mitarbeitenden und Kolleg*innen aktiv gestalten und aufrecht erhalten.
- Zukunftsgestaltung: Strategisch handeln und Visionen entwickeln, um auf Veränderungen vorbereitet zu sein.
Was Führungskräfte konkret tun können
Die Stärkung der eigenen Resilienz ist ein zentraler Hebel für den Erfolg – sowohl auf persönlicher als auch auf organisatorischer Ebene. Führungskräfte können diesen Prozess aktiv gestalten, indem sie beispielsweise Angebote zur Resilienzförderung nutzen, die auf praktischen Übungen und wissenschaftlich fundierten Methoden basieren. Dazu gehören Themen wie Emotionsregulation, Konfliktbewältigung und die Entwicklung von Zukunftsperspektiven.
Die Rolle von sinnstiftender Führung
Als Führungskraft prägen Sie entscheidend die Resilienz Ihres Teams. Studien zeigen: Sinnstiftende Führung stärkt die psychische Widerstandsfähigkeit der Mitarbeitenden. Das KAARMA-Modell, entwickelt von Psychologen, bietet einen praxisnahen Leitfaden:
- Klarheit: Vermitteln Sie klare Ziele für die Aufgaben Ihrer Mitarbeitenden und deren Bedeutung für die Organisation.
- Authentizität: Agieren Sie authentisch und nahbar.
- Aktualisierung: Nutzen Sie die individuellen Stärken Ihres Teams und passen Sie Aufgaben entsprechend an.
- Respekt: Behandeln Sie Mitarbeitende wertschätzend und auf Augenhöhe.
- Mehrwert: Zeigen Sie, wie die Arbeit Ihrer Mitarbeitenden zum Gesamterfolg beiträgt.
- Autonomie: Fördern Sie Eigenverantwortung durch Vertrauen und Gestaltungsfreiheit.
Externe Unterstützung für nachhaltige Ergebnisse
Nicht alle Herausforderungen können Führungskräfte oder interne Expert*innen allein bewältigen. Unser Employee Assistance Program (EAP) bietet professionelle Beratung für Führungskräfte und Mitarbeitende – von der Krisenbewältigung bis hin zur langfristigen Resilienzförderung. Durch die Entlastung interner Ressourcen und die Bereitstellung eines 24/7-Services wird ein nachhaltiger Beitrag zur psychischen Gesundheit im Unternehmen geleistet. Kontaktieren Sie uns jetzt!
Was Unternehmen tun können
Was hat das Unternehmen davon, wenn es die Resilienz seiner Mitarbeitenden fördert?
Resilienzförderung ist kein Selbstzweck für Organisationen, anpassungsfähige Beschäftigte sind kein ‚Nice to Have‘. Es sind vielmehr jene Mitarbeitende, die gut umgehen können mit Veränderungen, mit wechselnden Anforderungen und hoher Aufgabenlast. Genau sie brauchen Unternehmen, um die Auswirkungen des Fachkräftemangels abzufedern (Mehrarbeit!) und neue Arbeitswelten zu gestalten. Andersherum betrachtet: Überlastung und Stress sind häufige Kündigungsgründe.
Hinzu kommt, dass die Corona-Pandemie die Wechselbereitschaft der deutschen Berufstätigen offensichtlich befördert hat. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls die repräsentative Studie „Arbeiten 2022“[2] der Pronova BKK, für die im September 2022 rund 1.200 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab 18 Jahren befragt wurden. 26 Prozent von ihnen haben während der Pandemie den Arbeitgeber gewechselt, bei den unter 30-Jährigen war es sogar jede und jeder Zweite. 22 Prozent haben aus Überlastung und Stress die Stelle gewechselt. Insgesamt fühlen sich 84 Prozent im Arbeitsalltag gestresst, bei den unter 30-Jährigen sind es sogar 94 Prozent.
Was können Unternehmen tun, um die Resilienz ihrer Mitarbeitenden zu fördern?
Resilienz lässt sich lernen und trainieren. Unternehmen können diesen Prozess auf mehreren Ebenen unterstützen.
Faktor Mitarbeitende
Eine offene und unterstützende Kultur ist einer der wichtigsten Resilienz-Hebel. Hierbei spielt die (psychische) mentale Gesundheit nicht nur inhaltlich eine zentrale Rolle. Es geht im Wesentlichen auch darum, die damit verbundenen Themen und Fragestellungen zu enttabuisieren und – weitergedacht – zu normalisieren. Der Fokus muss weggehen vom defizitorientierten „Wegmachen“ leistungsmindernder Störungen hin zu mehr Wissen und einem tieferen Verständnis um die eigene Psyche und ihrer grundlegenden Funktionsweise. Bewährt hierzu haben sich regelmäßige Angebote zum niederschwelligen und praxisorientierten Lernen, wie etwa Webinare.
Vermitteln lassen sich auf diesem Wege beispielsweise Inhalte zur Emotionsregulation. Wer weiß, wie Gefühle – gerade auch belastende – entstehen, welche Bedeutung sie haben und wie alternative Wege des Umgangs damit aussehen, vergrößert seinen persönlichen Handlungsspielraum. Konstruktive Emotionsregulation stärkt das Erleben des eigenen Einflusses und damit die Selbstwirksamkeit. Zudem machen sich innere Klärungsprozesse bemerkbar. Sie zeigen sich in einem veränderten Umgang mit sich selbst, in veränderter Mimik, Gestik und Körperhaltung. Das wirkt auch nach außen. Damit ist der Übergang von der Selbst- zur Beziehungsregulation fließend. Die Stärkung der persönlichen Resilienz wirkt damit weit über das Individuum hinaus.
Faktor Führungskräfte
Auch die Führungsqualität kann die Resilienz der Beschäftigten positiv beeinflussen. So belegen Studien[3] den direkten Zusammenhang zwischen einem sinnstiftenden Führungsstil und der psychischen Widerstandskraft der Beschäftigten. Je höher die Beschäftigten die sinnstiftende Führungsqualität ihrer Vorgesetzten einstufen, desto höher bewerten sie auch ihre eigenen resilienten Verhaltensweisen wie emotionale Bewältigung, umfassende Planung, positive Umdeutung und fokussierte Umsetzung.
Belastete, in ihrer Resilienz geschwächte Beschäftigte belasten auch die unternehmensinternen Experten. So werden etwa Personaler*innen und Betriebsrät*innen doppelt in Mitleidenschaft gezogen – qualitativ durch die Themen und quantitativ durch die Zeit zur Bearbeitung. Ein HR-Leiter ist kein Experte für Depressionen und nicht jeder Business Partner geschult im Konfliktmanagement. Sie können die psychosozialen Probleme der Beschäftigten nicht immer zeitnah und umfassend auffangen, ohne selbst in den Teufelskreis der Überforderung zu geraten.
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