Besser Scheitern – vom konstruktiven Umgang mit Niederlagen (1/2)

Bei uns ist Scheitern oft ein Tabu – obwohl es zu jedem Leben dazu gehört. Dabei kann gerade das Versagen zum Erfolg führen, wenn wir es annehmen und seine Botschaft verstehen. Wie also kann ein konstruktiver Umgang mit Niederlagen aussehen?

Erinnern Sie sich noch an den missglückten „Elch-Test“ der Mercedes A-Klasse?

Gibt man bei Amazon das Stichwort „scheitern“ ein, spuckt das System knapp 2.000 Ergebnisse in der Kategorie Bücher aus. Beim Suchbegriff „Erfolg“ sind es über 60.000. Es gibt Erfolgsgeschichten, Erfolgsjournale, Erfolgsunternehmen – das volle Programm. Erfolg ist sexy, scheitern ist bäh. Allzu oft erleben wir Niederlagen – ganz besonders die schmerzhaften – als persönlichen Makel. Und der bleibt haften und trennt uns. Von den Menschen um uns herum und vor allem auch von
uns selbst.

Gibt es in USA etwa wie selbstverständlich Kongresse zum Thema Scheitern, wird bei uns hinter vorgehaltener Hand davon gesprochen. Wir geben uns stark, gestaltend und eben erfolgreich – beruflich wie privat. Für Scheitern bleibt da wenig Raum.

Wer es doch tut, wird allzu schnell abgewertet. Und das als gesamte Person oder Organisation. Vernichtender geht es kaum.


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Welche Gründe führen zum Scheitern?

Was hinter dem Scheitern steckt, beschrieb der deutsche Philosoph Karl Jaspers bereits vor fast 100 Jahren in seiner „Psychologie der Weltanschauungen“: Menschen geraten in ihrem Leben immer wieder in Grenzsituationen, in denen ihre Grundüberzeugungen über den Haufen geworfen werden. „In unserem Dasein sehen wir hinter den Grenzsituationen nichts anderes mehr“, erläutert Jaspers. „Sie sind wie eine Wand, an die wir stoßen, an der wir scheitern.“

Diese Worte haben nichts von ihrer Gültigkeit verloren. Egal ob beruflich oder privat: Auch heute noch stoßen Menschen in ihrem Leben im übertragenen Sinn an eine Wand. Die Ziele, die sie sich gesetzt haben, können sie nicht mehr erreichen – sie scheitern.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Manchmal scheitern Menschen, weil sie sich überschätzen, es nicht wahrhaben wollen und die Augen vor der Realität verschließen. Manchmal sind oder werden auch die äußeren Bedingungen ungünstig, ohne dass sie dafür verantwortlich sind.


Warum können wir vieles richtig machen und trotzdem scheitern?

Anders als dem Misserfolg haftet dem Begriff des Scheiterns die unangenehme Eigenschaft des Besiegelten an: Wer scheitert, strauchelt – und zwar gründlich und endgültig. Man scheitert nicht an banalen Kleinigkeiten, sondern am Hauptsächlichen, ohne die Chance auf einen zweiten Versuch. Aus und vorbei. Das macht das eigene Versagen so schmerzlich, so schwer einzugestehen.

Schon etymologisch haben wir ein gespaltenes Verhältnis zu dem Begriff: Die Scheiter, das waren jene Brennholzstücke, die übrig bleiben, wenn ein Holzklotz in Stücke gehauen wurde. Sie wurden verbrannt und hinterließen allenfalls Asche.

Entsprechend haben viele Gescheiterte den schwer erträglichen Eindruck, verbrannte Erde zu hinterlassen. Gefühle wie Ärger, Wut, Hilflosigkeit, Verzweiflung, Traurigkeit und vor allem Scham bahnen sich ihren Weg. Und je nach Dimension des Scheitern, füllen sie ganze Lebensbereiche aus. Ist ein Projekt gescheitert, leidet das berufliche Selbstverständnis. Ist eine Beziehung oder eine Ehe gescheitert, steht unter Umständen die komplette Lebensplanung zur Disposition.

Schwer auszuhalten ist das.


Warum nenne wir es nicht beim Namen?

Allzu verständlich vor diesem Hintergrund ist die Tendenz, dem Scheitern auszuweichen. Unsere Fähigkeit, alles zu bewerten, hilft uns dabei. Und so werden verfehlte Ziele zu Beinahe-Erfolgen, aus verhunzten Strategien wird eine unglückliche Wende und eigenes Misswirtschaften in das Versagen des Marktes umgedeutet – alles aus Angst vor einer
Blamage.

Henry Ford erkannte einmal klug: „Es gibt mehr Leute, die kapitulieren, als solche, die scheitern.“ Er meinte das allerdings als Argument für das Scheitern.

Fest steht: Umdeuten, wegschauen, verdrängen ist ein allzu verständliche Reflex auf den ersten Schock. Es ist ein schnell wirksames Mittel, den „emotionalen Hammer“ abzufedern und die Wucht der Niederlage überhaupt auszuhalten.

Nachhaltig jedoch ist es nicht.

Denn Scheitern ist wie Krebs: Je eher wir es erkennen, desto besser sind die Chancen, etwas zu retten.

„Immer versucht. Immer gescheitert.
Egal. Versuche es wieder. Scheitere besser.“

Samuel Beckett


Ein Elch und seine Folgen

Zurück zum Elchtest von Mercedes. Im Oktober 1997 war ein Fahrzeug der neuen A-Klasse bei einem Fahrmanöver mit abruptem hin- und her Lenken einfach umgefallen. Die Häme in der Branche war groß, der Schock beim schwäbischen Autobauer noch größer. Ein Desaster, sollte die A-Klasse für den Konzern doch das neue Kompaktsegment erschließen. Die erste Reaktion war abwiegelnd. Es „Extremtest“ sei es gewesen, mit kaum realistischen Lenkbewegungen. Die Verantwortlichen wollten abwarten, bis sich die Wogen geglättet hatten. Bewegt hätte sich dadurch nichts. Die A-Klasse wäre unverändert weiter vom Band gelaufen.

Dann die Kehrtwende: Die Produktion wurde gestoppt. Die A-Klasse bekam serienmäßig das Elektronische Stabilitätsprogramm (ESP), das bislang nur in der hochpreisigen S-Klasse eingebaut war. Mercedes-Kunden bekamen Stofftier-Elche, und in einer Werbekampagne wurde Tennisstar Boris Becker zitiert mit der Äußerung „Stark ist, wer keine
Fehler macht. Stärker, wer aus seinen Fehlern lernt“.

Was zunächst wie ein phänomenales Scheitern mit Imagedesaster aussah, wandelte sich zum Entwicklungstreiber für Mercedes – und den Wettbewerb.
Denn ESP wurde zum Standard in der ganzen Branche, was die Fahrsicherheit nachhaltig erhöhte. Und die A-Klasse verkaufte sich weiterhin gut – ganz ohne Kipp-Gefahr.

„Erfolg ist die Fähigkeit,
von einem Misserfolg zum anderen zu gehen,
ohne seine Begeisterung zu verlieren.“

Winston Churchill


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Schöner scheitern. Oder: Erfolg ist das, was wir daraus machen

Fehler zu machen, macht oftmals Angst. Angst vor den Konsequenzen, Angst vor Ablehnung und Spott. Und für manche Menschen ist diese Angst so groß, dass sie es gar nicht mehr versuchen. Ganz nach dem Motto: Wer nichts macht, macht keine Fehler. Der Preis für diese Strategie ist hoch: Stillstand. Wirklich scheitert nur derjenige, der es
erst gar nicht versucht.

Scheitern und Niederlagen treffen meist das Selbstwertgefühl mit aller Wucht. Nach einer Niederlage mit Begeisterung und Elan weiter zu machen, fällt den meisten von uns schwer.

Dennoch: Fehler und die Erfahrungen daraus lassen uns persönlich wachsen. Kein Artist, kein Künstler, kein Sportler, kein Unternehmer, der nicht zig Fehler gemacht
hätte – bis zur Meisterschaft. Wer sich Ziele setzt, riskiert, dass er das gewünschte Ergebnis verfehlt. Das Leben besteht nun mal nicht aus den Dingen, die uns passieren, sondern vielmehr aus dem, was wir daraus machen. Das heißt: Auf die Haltung kommt es an.

Wenn das passiert, bezeichnet der eine das als Misserfolg. Beklagt die Umstände, das Schicksal, die ungerechte Welt, den bösen Chef. Sucht Gründe und fragt „Warum (ich)?“ Die andere sagt sich einfach: „Es ist nicht so gelaufen, wie ich es erwartet hatte.“

Scheitern ist (auch) eine Frage der Interpretation.


Quellen:

https://www.wiwo.de/erfolg/trends/erfolgreich-scheitern-warum-wir-auch-mal-versagen-muessen/13629130.html

https://karrierebibel.de/scheitern/

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/20-jahre-elchtest-der-a-klasse-15255212.html

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