Post-Holiday-Syndrom

Das Handy ist voller Urlaubsfotos, aus den Handtüchern rieselt Sand vom Meer und die Erlebnisse der letzten zwei oder drei Wochen klingen nach. Doch dann – spätestens am ersten Arbeitstag – sinkt die Stimmung auf den Nullpunkt. Oder darunter. Im Fachjargon heißt dieses Phänomen „Post-Holiday-Syndrom“. Was dahintersteckt und wie Sie wirksam damit umgehen, erfahren Sie in diesem stg-Impuls.

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Ein jäher Absturz

Urlaub heißt auch die „schönste Zeit des Jahres“. Lang ersehnt ist er meistens, wichtig und oft viel zu schnell vorbei. Manchmal weicht die Erholung schon vor Arbeitsbeginn einer niedergedrückten Stimmung.
Der Kopf ist leer, die Gedanken wandern herum, ohne sich auf anstehende Aufgaben zu fokussieren – zu viel, zu schnell, zu dicht. Was sonst gut klappt, stockt auf einmal. Das sog. Post-Holiday-Syndrom kann den Wiedereinstieg in den Job mühsam machen.

Fachleute meinen damit jene Beschwerden, die sich nach dem Urlaub während der Eingewöhnungsphase im Alltag zeigen können. Diese sind vielfältig und reichen von Frust, Unlust, Niedergeschlagenheit über Antriebs- und Interesselosigkeit bis hin zu Konzentrations- und Leistungsproblemen. Auftreten können auch Trägheit, Müdigkeit oder Appetitlosigkeit sowie Schlafstörungen.


Falls Sie sich im beruflichen Umfeld belastet fühlen, oder privat vor Herausforderungen stehen, die sich auch auf Ihren Beruf auswirken, können Sie über Ihren Arbeitgeber Unterstützung von externen Experten erhalten. Die läuft über ein so genanntes EAP – die externe Mitarbeiterberatung. Sprechen Sie Ihre Personalabteilung oder Ihren Betriebsrat darauf an. Hier gibt es mehr Informationen dazu: EAP erklärt


Was steckt dahinter?

Eine echte Krankheit ist das Post-Holiday-Syndrom nicht, anders als der Begriff vermuten lässt, eher ein relativ kurzfristiger Effekt. Was seine Ursachen angeht, so sind sich die Experten uneins. Manche meinen, der Körper sei am Ende des Urlaubs noch im Entspannungsmodus und müsse sich erst wieder an die Anforderungen im Job gewöhnen. Andere führen das Post-Holiday-Syndrom auf einen zu geringen Erholungseffekt des Urlaubs zurück.

Tatsächlich gibt es so etwas wie eine Urlaubs-Glückskurve. Die hat der niederländische Tourismuswissenschaftler Jeroen Nawijn identifiziert. Danach steigt unsere Laune und gute Stimmung zu Beginn des Urlaubs noch nicht sofort an. Das passiert erst nach zwei bis drei Tagen. Dann allerdings sehr steil. Genauso schnell fällt die Kurve mit dem Urlaubsende wieder ab. Schließlich wissen wir, dass der Arbeitsbeginn bevorsteht. 

Die gute Nachricht

Das Post-Holiday-Syndrom geht vorbei und das in den meisten Fällen ziemlich schnell. Nach etwa drei Tagen ist das Stimmungstief überwunden. Dann hat sich Ihr System weitestgehend wieder auf die Anforderungen des Arbeitsalltags eingestellt.

Vielleicht hilft dieses Bild: Ein Auto fährt nicht im fünften Gang an. Sie müssen langsam starten und Gang für Gang hochschalten. Dann kommen Sie auf die passende Geschwindigkeit.

Das Post-Holiday-Syndrom tritt auf, wenn Urlaub und Arbeit zu direkt aufeinanderfolgen. Ohne Puffer sozusagen. In diesem Sinne geht es darum, den Übergang zu gestalten. Die Zeit dazwischen macht den Unterschied.


Wie Sie das Post-Holiday-Syndrom vermeiden

Rückkehr und Arbeitsbeginn schlau organisieren

Am Sonntagabend aus dem Flieger steigen und montags um 8 Uhr voll motiviert am Schreibtisch sitzen – das funktioniert mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nicht. Falls Sie es sich einrichten können, planen Sie noch in Ihrer Urlaubszeit ein bis drei Tage Übergangsfrist ein. Dann können Sie in Ruhe zuhause ankommen, Ihren Schlafrhythmus anpassen und sich gedanklich auf die Arbeit einstellen.

Bewährt hat sich zudem der Einstieg am Donnerstag. Dann haben Sie nur zwei Arbeitstage nach dem Urlaub und das Wochenende steht auch gleich wieder vor der Tür. So können Sie die ersten Dinge aufarbeiten, haben aber bald wieder eine Ruhepause.

Noch ein Tipp für die ersten beiden Arbeitstage: Lassen Sie Ihren Abwesenheitsassistenten noch weiterlaufen. Das hält Ihnen sicherlich einige Anrufe und Mails vom Hals. Und machen Sie – falls möglich – noch keine Termine oder Meetings aus.


Langsam ankommen im Job

Nehmen Sie sich Zeit, um sich einen Überblick über das zu verschaffen, was während Ihres Urlaubs gelaufen ist und jetzt ansteht. Dann sortieren Sie, welche Aufgaben wichtig und dringend sind und welche warten können. Eine To-Do-Liste mit Prioritäten sorgt für Orientierung und entlastet.

Denken Sie an das Auto – Anfahren im ersten Gang! – und starten Sie sachte. Mit einfachen, leicht zu erledigenden oder Routine-Aufgaben und überschaubaren Zeiteinheiten. Machen Sie eine Pause, wenn Sie merken, dass Ihr „Motor“ stockt.


Verbindung trägt

Suchen Sie nach dem Urlaub den Kontakt mit Ihren Kolleg*innen. Im Büro, falls das möglich ist, beim Kaffeetrinken oder Mittagsessen oder telefonisch bzw. online aus dem Homeoffice. Der Kontakt verbindet und diese Verbindung entspannt. So beugen Sie überschießendem Stress und Tunnelblick vor, die infolge einer sofort wieder großen Arbeitslast entstehen können.

Eine andere Art von Verbindung ist die mit einer besonders schönen Urlaubserinnerung.

Nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit und überlegen bzw. spüren Sie:

  • Was haben Sie im Urlaub erlebt, das Sie besonders berührt hat?
  • Wo war das? Wann? Wie war die Temperatur dabei, das Wetter, der Wind? Was haben Sie gerochen?
  • Gehen Sie in Ihrer Vorstellung mit möglichst vielen Sinnen in die Situation zurück.
  • Was haben Sie dabei gefühlt? Was körperlich empfunden? Welche Gedanken verbinden Sie mit der Situation?

Gibt es ein Symbol für dieses Erlebnis? Das kann ein Stein auf dem Schreibtisch sein, ein Hintergrundbild am Desktop oder eine Muschel, die Sie immer wieder in die Hand nehmen.

Sie bringen das Erlebnis mit zurück in den Job, indem Sie das Symbol an Ihrem Arbeitsbereich platzieren und immer wieder Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken. Das erweitert Ihr Wahrnehmungsspektrum und beugt ebenfalls emotionaler Enge und Stress vor.


Radikale Akzeptanz

Treue Leser*innen des stg-Impulses kennen dieses Prinzip bereits aus früheren Ausgaben. Was sollten Sie als erstes tun, wenn Sie das Post-Holiday-Syndrom „erwischt“? Nichts anderes, als es so sein lassen.

  • „Morgen geht’s zurück in den Job und ich bin heute schon unruhig.“ Ja, das ist so.
  • „Nach drei Stunden vor dem Rechner raucht der Kopf und ich fühle mich unter Druck.“ Ja, das ist so.
  • „Der Urlaub war so schön. Es ging mir super. Jetzt beim Arbeiten bin ich irgendwie deprimiert“. Ja, das ist so.

Es ist so, weil es nicht anders sein kann. Das ist radikale Akzeptanz. Wenn Sie die unangenehmen Gefühle stehen lassen und nicht der Versuchung folgen, sie „wegzumachen“, nehmen Sie sie ernst. Das heißt nicht, dass Sie darin versinken sollen. Ganz im Gegenteil.

Wenn Sie merken, dass Sie sehr angespannt, unruhig, besorgt, traurig oder frustriert sind, halten Sie einen Moment inne und nehmen Sie das Gefühl wahr. Wo im Körper spüren Sie es?

Versuchen Sie, sich ganz auf die Körperwahrnehmung zu konzentrieren und solange wie möglich dabei zu bleiben. Merken Sie, wie sie sich verändert? Gefühle sind eine äußerst vergängliche Angelegenheit. Sie kommen und gehen wie Wellen.

Wenn die negativen Gedanken überhand nehmen, halten Sie sich ein großes, rotes Stoppschild direkt vor Ihre Nase. Sagen Sie sich – innerlich oder laut – und so nachdrücklich wie möglich: „Stopp!“. Richten Sie dann Ihre Aufmerksamkeit ganz gezielt auf etwas anderes. Das kann die Auflagefläche Ihrer Füße sein, Ihr Atem oder auch das Symbol, mit dem Sie Ihre Urlaubserinnerungen verankert haben.


Entdecken Sie unser Employee Assistance Program (EAP), das Ihren Mitarbeitern professionelle Unterstützung bei beruflichen und privaten Belastungen bietet. Studien zeigen, dass diese Investition langfristig die Produktivität steigert und die Arbeitsatmosphäre verbessert. Hier gibt es mehr Informationen dazu:  EAP Kosten & Nutzen


Zu zweit geht’s leichter … 

… das wissen wir alle. Und manchmal geht das „Post-Holiday-Syndrom“ nicht nach drei Tagen wieder weg. Wenn Sie merken, dass die gedrückte Stimmung und die belastenden Gefühle bleiben, dass Sie weiterhin Konzentrations- und Antriebsschwierigkeiten haben und nicht Ihre gewohnte Leistung bringen können, ist es wichtig genauer hinzusehen.

Dann kann eine psychosoziale Beratung helfen, zum Beispiel im Rahmen der externen Mitarbeiterberatung (auch genannt Employee Assistance Program, kurz EAP). Externe Mitarbeiterberatung ist ein Angebot von Unternehmen für ihre Beschäftigten und deren Angehörige.

Diese können rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr beim Bereitschaftsdienst anrufen und sprechen sofort mit erfahrenen Berater*innen. Im Anschluss daran unterstützt ein interdisziplinäres Team, berufliche, private oder persönliche Fragen anzugehen und so gut wie möglich zu lösen. Die Beratung ist kostenfrei, absolut vertraulich und auf Wunsch auch anonym.


Übrigens

Mehr Tipps lesen Sie in unserem stg-Impuls. Das sind Expertentipps aus unserer Beratungspraxis, die wir unseren Kundenunternehmen und deren Mitarbeitenden in gelayouteter Form zur Verfügung stellen.

Möchten Sie mehr darüber erfahren? Dann wenden Sie sich bitte an Martin Reinhardt.


Fotos: Ketut Subiyanto / Neosiam

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