Was tun, wenn die Seele um Hilfe ruft?

Immer gut drauf, positiv und optimistisch? Die vergangenen Monate haben so manche Selbsteinschätzung ins Wanken gebracht. Zu neu und herausfordernd war die Situation, die es zu bewältigen galt. Schwierig ist vor allem die Unsicherheit – familiär, wirtschaftlich und gesundheitlich – und der Bruch in der Art, wie wir normalerweise in Beziehung zu anderen Menschen sind. Abstandsregeln sind sinnvoll, keine Frage. Menschen mit Nähebedürfnis bringen sie an ihre Grenzen. Und das hinterlässt Spuren.

Belastungsprobe für die Psyche

Laut einer Studie der Privaten Fachhochschule (PFH) Göttingen zeigten sich bei 2000 Personen, die an einem Test für klinische Psychologie teilnahmen, fünfmal mehr depressive Symptome als bei Tests, die vor der Pandemie durchgeführt worden waren. An der Studie war ein internationales Forscherteam unter der Leitung der Göttinger Hochschule beteiligt. Dieselben Ergebnisse zeigte eine repräsentative Umfrage der österreichischen Donau-Universität Krems unter knap tausend Menschen. Interessant hier: Junge Erwachsene schnitten in allen untersuchten Skalen zur psychischen Gesundheit am schlechtesten ab. Menschen über 65 Jahre hingegen zeigten sich deutlich weniger belastet. Grund genug für uns, das Thema genauer unter die Lupe zu nehmen.


Falls Sie sich im beruflichen Umfeld belastet fühlen, oder privat vor Herausforderungen stehen, die sich auch auf Ihren Beruf auswirken, können Sie über Ihren Arbeitgeber Unterstützung von externen Experten erhalten. Die läuft über ein so genanntes EAP – die externe Mitarbeiterberatung. Sprechen Sie Ihre Personalabteilung oder Ihren Betriebsrat darauf an. Hier gibt es mehr Informationen dazu: EAP erklärt


Was ist eigentlich psychische Gesundheit?

Keine einfache Frage. Orientieren wir uns an der WHO, weltweite Referenz in Sachen Gesundheit. Sie meint: „Psychische Gesundheit ist ein Zustand des Wohlbefindens, in dem der Einzelne seine Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv arbeiten kann und imstande ist, etwas zu seiner Gemeinschaft beizutragen.“


Falls Sie sich im beruflichen Umfeld belastet fühlen, oder privat vor Herausforderungen stehen, die sich auch auf Ihren Beruf auswirken, können Sie über Ihren Arbeitgeber Unterstützung von externen Experten erhalten. Die läuft über ein so genanntes EAP – die externe Mitarbeiterberatung. Sprechen Sie Ihre Personalabteilung oder Ihren Betriebsrat darauf an. Hier gibt es mehr Informationen dazu: Was ist EAP


Klingt plausibel, oder? Ich bin psychisch gesund, wenn ich mein Leben – privat, familiär, beruflich – im Großen und Ganzen gut hinbekomme. Wenn sich das, was ich gebe und was ich bekomme, einigermaßen die Waage halten. Ist das – über einen gewissen Zeitraum hinweg – nicht mehr der Fall, kann eine psychische Krankheit die Ursache dafür sein.

Wichtig: „Gesund“ und „krank“ sind keine absoluten Begriffe. Es sind die Pole eines Kontinuums, auf dem wir uns ständig hin- und herbewegen. Einen „Point of no return“ gibt es nicht. Manche Menschen leben mit starken Beeinträchtigungen ein erfülltes Leben, während andere schneller an ihre Grenzen kommen und krank werden.


Wann bin ich psychisch krank?

Psychische Krankheiten sind Störungen der Befindlichkeit, die sich subjektiv spüren und objektiv feststellen lassen. Sie gehen einher mit Leidensdruck und einer (zunehmenden) Unfähigkeit, all‘ das zu tun, was ein gesundes Leben für die/den Einzelnen ausmacht. Festmachen lässt sich das an vier Symptomkomplexen, die meist zusammen auftreten:

  1. die Art und Weise, wie Personen ihre Emotionen erleben und äußern: Gefühle können (unangemessen) stark auftreten oder ganz fehlen
  2. die Art und Weise, wie Personen denken, urteilen und lernen: Konzentration, logisches Denken, Urteilsfähigkeit oder die Bewertung der eigenen Person verändern sich
  3. die Art und Weise, wie Personen sich verhalten: anders als gewohnt oder anders als sozial/kulturell akzeptiert mit meist negativen Auswirkungen auf die Beziehungen
  4. sowie ihre körperlichen oder biopsychologischen Funktionen: körperliche Symptome wie Erschöpfung, Schlaf-, Appetit- oder Lustlosigkeit bzw. Herzrasen oder Atembeschwerden

Psychische Erkrankungen treten vermehrt auf

Trotz rückläufiger Krankenstände in den letzten Jahren wächst der relative Anteil psychischer Erkrankungen am Arbeitsunfähigkeitsgeschehen. Die durch psychische Krankheiten ausgelösten Krankheitstage haben sich in den vergangenen 40 Jahren in diesem Zeitraum verfünffacht.

Während psychische Erkrankungen vor 20 Jahren noch nahezu bedeutungslos waren, sind sie heute dritthäufigste Diagnosegruppe bei Krankschreibung bzw. Arbeitsunfähigkeit.

Besondere Brisanz erhalten psychische Erkrankungen auch durch die Krankheitsdauer: Die durchschnittliche Dauer psychisch bedingter Krankheitsfälle ist mit 38,9 Tagen dreimal so hoch wie der Durchschnitt von 13,9 Tagen. Psychische Erkrankungen sind außerdem die häufigste Ursache für krankheitsbedingte


Wann wird der Job zum Problem?

„Kein Wunder bei dem stressigen Job … oder der Belastung!“ Wir sind oft schnell mit Alltagsdiagnosen. In dieser Logik gilt: Wer viel um die Ohren hat, ein schwieriges Umfeld oder Probleme, wird schneller (psychisch) krank. Doch die Art und Weise, wie unterschiedlich die Menschen mit Corona umgehen, zeigt, dass es nicht so einfach ist. Eine psychologische Begriffsklärung schafft hier Klarheit.

Im Fachvokabular werden alle äußeren Einflüsse, die auf uns einwirken, ganz neutral als „Belastung“ bezeichnet. Diese wirkt sich aus auf unser Fühlen, Denken und Handeln. Und sie trifft auf die individuellen Voraussetzungen jeder/jedes Einzelnen – Alter (und damit Lebenserfahrung), Geschlecht, Gesundheitszustand, Fähigkeiten und Kompetenzen aller Art, Selbstvertrauen und so weiter … Belastung und individuelle Voraussetzungen ergeben die psychische Beanspruchung. Und je nachdem, wie diese Kombination aussieht, wird die Beanspruchung als anregend oder beeinträchtigend empfunden.

Wichtig: Hier geht‘s um die Tatsache, dass Menschen ein und dieselbe Situation ganz unterschiedlich erleben und darauf reagieren. Was Frau Meier gut wegsteckt, macht Herrn Müller krank. Was ich letztes Jahr gut im Job hinbekommen habe, bringt mich jetzt an meine Grenze, weil ich gesundheitliche Probleme habe. Da gibt es kein Patentrezept.


Depression ist eine Krankheit

Jeder Mensch kennt Phasen im Leben, in denen es nichts gibt, worauf man sich freuen kann, alles grau in grau erscheint, man „deprimiert“ ist. So kann das Wetter, die berufliche Tätigkeit oder eine private Enttäuschung als deprimierend erlebt werden. Depression wird oft als Begriff gebraucht, um alltägliche Schwankungen unseres Befindens zu beschreiben. Aber eine Depression im medizinischen Sinne ist etwas anderes als eine vorübergehende Phase der Niedergeschlagenheit und Unlust oder ein Stimmungstief, das bei fast jedem Menschen im Laufe des Lebens ein- oder mehrmals auftritt.

Die Depression ist eine ernste Erkrankung, die das Denken, Fühlen und Handeln der Betroffenen beeinflusst, mit Störungen von Körperfunktionen einhergeht und erhebliches Leiden verursacht. Depressive Menschen können sich selten allein von ihrer gedrückten Stimmung, Antriebslosigkeit und ihren negativen Gedanken befreien.

Die umgangssprachliche Verwendung des Begriffs Depression allerdings kann irreführend sein. Oft nämlich nehmen ein an Depression erkrankter Mensch oder die Angehörigen an, Freudlosigkeit, gedrückte Stimmung und Hoffnungslosigkeit seien nachvollziehbare Reaktionen auf bestehende Lebensprobleme und nicht Ausdruck einer eigenständigen, behandelbaren Erkrankung. Dann ist das Risiko groß, dass keine professionelle Hilfe gesucht wird. Dabei ist eine Depression im medizinischen Sinne wie jede andere Erkrankung auch behandlungsbedürftig. Die gute Nachricht: Es gibt bewährte und wirksame Möglichkeiten der Behandlung.

Diagnose der Depression

Hinweise auf eine mögliche Depression sind bestimmte Krankheitszeichen. Treten diese über mindestens zwei Wochen auf, kann die Diagnose Depression vorliegen. Das ist der Fall, wenn über zwei Wochen oder länger mindestens zwei der drei Hauptsymptome und zusätzlich mindestens zwei Nebensymptome auftreten. Je nach Anzahl und Ausprägung der Symptome wird zwischen leichter, mittelgradiger und schwerer Depression unterschieden. Bei verschiedenen Betroffenen kann sich die Depression also unterschiedlich äußern und nicht immer sind alle Symptome vorhanden.

Die Hauptsymptome einer Depression

Gedrückte Stimmung

Depressionen gehen oft mit einer niedergeschlagenen Stimmung einher. Manche Betroffene berichten auch von innerer Leere und der Unfähigkeit, eigene Gefühle wahrnehmen zu können. Sie geben an, sich wie versteinert zu fühlen.

Interessen- oder Freudlosigkeit

Menschen mit Depression verlieren das Interesse an früher für sie bedeutsamen Dingen und Aktivitäten. So machen beispielsweise Hobbys, Beruf, Freizeitaktivitäten oder gemeinsame Unternehmungen mit Familie oder Freunden keine Freude mehr.

Antriebsmangel bzw. erhöhte Ermüdbarkeit

In einer Depression ist der Antrieb häufig gestört, d.h. Betroffene können sich nur schwer aufraffen. Selbst alltägliche Dinge wie Einkaufen, Aufräumen, Arbeiten usw. können große Überwindung kosten, schnell zu Ermüdung führen und zum Teil einfach auch nicht bewältigt werden. Die eingeschränkte Aktivität kann sich darüber hinaus in Gesichtsausdruck und Körperhaltung zeigen: Das Gesicht erscheint versteinert, die Bewegungen kraftlos. Auch Entscheidungen fallen schwer.

Selbsttest Depression

Fragen wie „Bin ich depressiv?“ oder „Habe ich eine Depression“ sind oft nicht leicht zu beantworten. Denn: Eine Depression zu erkennen, ist nicht immer einfach. Die Deutsche Depressionshilfe bietet als Hilfestellung einen Selbsttest an. Dabei werden Haupt- und Nebensymptome einer Depression erfragt, die auf den für Deutschland gängigen Diagnosekriterien nach dem sogenannten ICD-10 basieren. Wenn Sie den Selbsttest online ausfüllen, ist das anonym und vertraulich.

Bitte beachten Sie: Die Ergebnisse können Hinweise liefern, stellen aber keine medizinische Diagnose dar. Für eine gesicherte Diagnosestellung suchen Sie bitte Ihren Hausarzt, einen Facharzt für Psychiatrie/Psychotherapie/Nervenheilkunde oder einen Psychotherapeuten auf. Bitte tun Sie dies vor allem, wenn Sie sich schon eine Weile nicht gut fühlen und sehr niedergeschlagen sind. Nehmen Sie doch das Ergebnis des Selbsttests mit – vielleicht kann es Ihnen helfen, einen Gesprächseinstieg zu finden.


Entdecken Sie unser Employee Assistance Program (EAP), das Ihren Mitarbeitern professionelle Unterstützung bei beruflichen und privaten Belastungen bietet. Studien zeigen, dass diese Investition langfristig die Produktivität steigert und die Arbeitsatmosphäre verbessert. Hier gibt es mehr Informationen dazu: EAP Kosten & Nutzen


Burnout, was ist das eigentlich?

Burnout bezeichnet eine über Wochen und Monate anhaltende physische und psychische Erschöpfung. In der Fachliteratur tauchte der Begriff Burnout erstmals 1974 auf. Der Psychoanalytiker Herbert Freudenberger beschrieb, wie ehrenamtliche Mitarbeiter einer New Yorker Drogenklinik immer mehr ausbrennen. Ursachen waren für ihn das Auseinanderklaffen zwischen dem Engagement der Betroffenen und ihren hohen Erwartungen und der Realität des Arbeitsplatzes.

Mit der Zeit weitete sich der Blick von helfenden Berufen auf andere Branchen. Heute ist klar: Burnout kann jeden treffen, auch außerhalb des beruflichen Kontextes. Gekennzeichnet ist er durch die allmähliche Erschöpfung der Ressourcen einer Person durch andauernden (belastenden) Stress. Typische Symptome sind:

  • Physische Mattigkeit: Betroffene fühlen sich ständig erschöpft, chronisch müde und energielos
  • Emotionale Erschöpfung: Betroffene bringen keine Empathie mehr für andere auf und fühlen sich ‚gefühllos’
  • Kognitive Ermüdung: Betroffene haben Konzentrationsprobleme und erleben Leistungsverluste

Und obwohl Burnout für die Betroffenen mit erheblichem Leiden, gesundheitlichen Problemen und einer reduzierten Arbeitsleistung einhergeht, gibt es bis dato kein einheitliche Burnout-Definition. Burnout ist keine eigenständige Diagnose wie etwa Depression.

Der Burnout-Zyklus

Ein Burnout entwickelt sich schleichend und oftmals über einen langen Zeitraum. Er ist nicht der Zustand, sondern das Ergebnis chronischer Überforderung. In seinem Burnout-Zyklus hat Herbert Freudenberger die einzelnen Schritte dieses Prozesses idealtypisch veranschaulicht. Hierbei durchlaufen nicht alle Betroffenen unbedingt alle Phasen. Manche fallen zusammen, andere werden übersprungen. Und während anfangs noch relativ leicht gegengesteuert werden kann, sind die späteren Stadien absolut ernst zu nehmen.

In der letzten Phase tritt ein Zustand der totalen geistigen, emotionalen und körperlichen Erschöpfung ein. Es kann ein Suizidrisiko bestehen. Körperliche Symptome wie Herz-Kreislauf- oder Magen-Darm-Erkrankungen weisen darauf hin, dass der chronische Stress das Immunsystem angreift.

Hand aufs Herz: Wo stehen Sie gerade?


Was ist der Unterschied zwischen Depression und Burnout?

Keine einfache Frage, zumal wir gesehen haben, dass ein schwerer Burnout auch in eine Depression umschlagen kann. Im Folgenden möchten wir Ihnen einige Unterscheidungskriterien aus unserer Beratungspraxis an die Hand geben.

* Internationales Diagnose-Manual, auf der AU-Bescheinigung ist F32.0, F32.1 oder F32.2 vermerkt.
** abgekürzt mit Z73


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Quellenangaben:

Wittchen, H.U. & Hoyer, J. (Hrsg.) (2006). Klinische Psychologie & Psychotherapie. Heidelberg: Springer Medizin Verlag

BKK Gesundheitsreport 2018 Frühberentungen

http://deutsche-depressionshilfe.de

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