Psychische Gesundheit sichtbar machen (ohne Stigma)

Wie HR mentale Gesundheit enttabuisiert und nachhaltige Veränderung bewirkt 

Psychische Belastungen sind ein fester Bestandteil des Arbeitsalltags – doch sie bleiben zu oft unerkannt, unausgesprochen und unbehandelt.

Für HR bedeutet das: Es braucht nicht nur Sensibilität, sondern auch konkrete Strategien, um mentale Belastungen zu erkennen, anzusprechen und zu entstigmatisieren. Denn wer psychische Gesundheit als Teil der Unternehmenskultur versteht, stärkt nicht nur das Wohlbefinden der Mitarbeitenden, sondern auch die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. 

Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz
Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz

Warum psychische Gesundheit oft im Schatten steht

In der aktuellen Stellungnahme des Expert:innenrats der Bundesregierung (2025) wird deutlich: Die Enttabuisierung psychischer Gesundheit ist eine zentrale Voraussetzung für Prävention und Teilhabe – auch am Arbeitsplatz. Viele Menschen erleben psychische Belastungen, ohne diese offen zu kommunizieren. Die Gründe sind vielfältig: Angst vor beruflichen Nachteilen, Unsicherheit im Umgang mit dem Thema oder fehlende Anlaufstellen im Unternehmen.  
 
Dass diese Zurückhaltung gravierende Folgen haben kann, zeigen wissenschaftliche Studien. So belegt eine Metaanalyse von Harvey et al. (2017), dass psychische Erkrankungen zu den häufigsten Ursachen für krankheitsbedingte Fehlzeiten zählen. Frühzeitige, niedrigschwellige Interventionen – etwa durch betriebliche Gesundheitsangebote oder offene Gesprächskultur – können entscheidend dazu beitragen, Langzeiterkrankungen zu vermeiden und die mentale Gesundheit nachhaltig zu stärken. 

HR als Kulturgestalter: Sichtbarkeit beginnt bei Haltung und Struktur

HR-Abteilungen haben eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, psychische Gesundheit sichtbar zu machen. Das beginnt bei der Haltung: Mentale Gesundheit darf nicht als individuelles Problem betrachtet werden, sondern muss als gemeinschaftliche Verantwortung verstanden werden. Sichtbarkeit entsteht durch Sprache, durch Führung und durch Strukturen, die psychische Belastungen nicht nur zulassen, sondern aktiv adressieren. 

Psychische Gesundheit sollte fest zur Unternehmenskultur gehören – nicht als gelegentliches Projekt, sondern als dauerhaftes Anliegen. HR kann dafür gezielt Maßnahmen etablieren, die Sichtbarkeit schaffen und gleichzeitig Vertrauen fördern. Hier sind einige Tipps und Anregungen, um psychische Gesundheit ohne Stigma sichtbar zu machen:  

  1. Mental Health Days einführen 
    Ein festgelegter Tag im Jahr, an dem mentale Gesundheit im Fokus steht – mit Workshops, Impulsvorträgen und offenen Gesprächsrunden. 
  2. Interne Awareness-Kampagnen starten 
    Regelmäßige Kommunikation über Newsletter, Intranet oder Poster, die psychische Gesundheit enttabuisiert und Hilfsangebote sichtbar macht. 
  3. Gezielte Schulung von Führungskräften   
    Trainings zum Umgang mit psychischen Belastungen im Team – inklusive Gesprächsführung, Früherkennung und Weiterverweisung. 
  4. Anonyme Unterstützungsangebote bereitstellen 
    Zugang zu externen Beratungsstellen, digitalen Sprechstunden oder EAP-Programmen – ohne bürokratische Hürden. 
  5. Psychische Gesundheit in Mitarbeiter:innengespräche integrieren 
    Raum schaffen für persönliche Belastungen – z. B. durch offene Fragen zur Work-Life-Balance oder zum aktuellen Wohlbefinden. 
  6. Peer-Netzwerke innerhalb der Organisation etablieren 
    Kolleg:innen als Ansprechpersonen ausbilden, die niederschwellig unterstützen und Orientierung bieten. 
  7. Regelmäßige Check-ins und Pulsbefragungen durchführen 
    Kurze, anonymisierte Umfragen zur psychischen Belastung im Team – als Frühwarnsystem und Grundlage für Maßnahmen. 

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Von der Maßnahme zur Unternehmenskultur: Was jetzt zählt

Die genannten Maßnahmen sind mehr als einzelne Tools – sie sind Bausteine für eine neue Haltung im Unternehmen. Entscheidend ist, dass HR nicht nur Angebote schafft, sondern auch aktiv daran mitwirkt, psychische Gesundheit als selbstverständlichen Teil der Arbeitskultur zu etablieren. Das gelingt, wenn Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen, wenn Kommunikation offen und wertschätzend ist – und wenn Mitarbeitende spüren: Hier darf ich auch mit meinen Belastungen sichtbar sein. 

Praxisimpuls: Sichtbarkeit beginnt im Kleinen

Ziel: Psychische Gesundheit im Arbeitsalltag sichtbar machen – durch gezielte Signale im Team. 

 So geht’s: 

 HR initiiert ein monatliches „Mental Health Check-in“ im eigenen Team und / oder gemeinsam mit Führungskräften. Dabei wird zu Beginn eines Meetings eine einfache Frage gestellt, z. B.: 

  • „Was hat mir in den letzten Wochen mental gutgetan – und was hat mich belastet?“ 
  • „Was brauche ich aktuell, um mental gut durch den Monat zu kommen?“ 

Die Antworten bleiben freiwillig und können anonym gesammelt oder offen geteilt werden.  

Wichtig ist: Es geht nicht um Problemlösung, sondern um Sichtbarkeit und Raum. 

 Wirkung: 
Das Format schafft ein niedrigschwelliges Ritual, das psychische Gesundheit enttabuisiert – ohne Druck, aber mit Wirkung. Es signalisiert: Mentale Belastungen dürfen Thema sein. Und HR geht mit gutem Beispiel voran. 

Fazit: Sichtbarkeit ist der erste Schritt zur Veränderung

Psychische Gesundheit darf kein Tabuthema mehr sein – gerade nicht in der Arbeitswelt. HR kann hier Vorreiter sein, indem es Strukturen schafft, die mentale Gesundheit fördern und entstigmatisieren. Denn nur in einem Umfeld, das psychische Belastungen ernst nimmt, können Mitarbeitende ihr volles Potenzial entfalten. 
 
Personalverantwortliche können den Wandel aktiv mitgestalten: durch Haltung, durch Strukturen und durch konkrete Angebote. Sichtbarkeit heißt nicht, dass über mentale Gesundheit gesprochen werden muss – sondern dass es Raum gibt, über das Thema zu reden, wenn Bedarf besteht. 

Denn nur in einer Unternehmenskultur, in der psychische Belastungen ernst genommen und ohne Angst angesprochen werden können, entsteht echte Teilhabe – und ein Arbeitsumfeld, in dem Menschen langfristig gesund, engagiert und leistungsfähig bleiben. 

Quellen:   

Joyce, S., Modini, M., Christensen, H., Mykletun, A., Bryant, R., Mitchell, P. B., & Harvey, S. B. (2016). Workplace interventions for common mental disorders: a systematic meta-review. Psychological Medicine, 46(4), 683–697. doi:10.1017/S0033291715002408 

Expert:innenrat der Bundesregierung für Gesundheit und Resilienz (2025): 10. Stellungnahme – Psychische Gesundheit stärken, Teilhabe ermöglichen. Veröffentlicht am 28. Januar 2025. 
https://www.bundesregierung.de/resource/blob/976074/2332310/d9c4dddc092fd9908b4e3adad7ef07f6/2025-01-28-10-stellungnahme-expertinnenrat-data.pdf?download=1 

 

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