Moderne berufliche Laufbahnen sind komplex , vor allem, weil sich das Karriereverständnis von Arbeitnehmern stetig wandelt. Die stg und die OTH Regensburg haben in einer aktuellen Studie untersucht, warum Mitarbeitende ein Unternehmen verlassen beziehungsweise, was sie zum Bleiben bewegt.
Die Studie arbeitet die Faktoren heraus, die diese Entscheidungen beeinflussen. Dazu gehören die Unterstützung durch Organisationen, Resilienz, das Erleben von „Flow“ am Arbeitsplatz und die Werkzeuge, die Unternehmen zur Karriereförderung einsetzen. Die Ergebnisse können für die Personal- und Arbeitsrechtspraxis von Unternehmen sehr relevant sein.
In der heutigen Arbeitswelt beeinflussen das Karriereverständnis und die Erwartungen der Arbeitnehmer an die Unterstützung durch ihre Organisation maßgeblich deren Bleibeabsicht und Motivation. Die traditionelle Vorstellung von linearen Aufstiegsstrukturen weicht einem modernen Ansatz, bei dem Karriere nicht nur mit Verantwortung und Gehalt, sondern auch mit der Entwicklung beruflicher Fähigkeiten und einem werteorientierten, selbstgesteuerten Blick auf die Laufbahn verbunden wird. Die Studie zeigt, dass Unternehmen gezielter auf diese vielfältigen Karrierevorstellungen eingehen müssen, um ihre Mitarbeiter langfristig zu binden.
Herkömmliche Karrieremanagement-Praktiken entsprechen vielfach nicht den Bedürfnissen und Erwartungen der Mitarbeiter. Stellenausschreibungen und Karriereworkshops zum Beispiel werden überwiegend als nicht nützlich bewertet, während Mentoring und Networking Mitarbeitenden als hilfreich gesehen werden. Letztere werden jedoch von vielen Unternehmen oft nicht ausreichend angeboten. Hier zeigt sich eine Diskrepanz zwischen Angebot und Bedarf, die Unternehmen durch gezielte Anpassungen ihrer Karrieremanagement-Werkzeuge angehen können.
Resilienz und Anpassungsfähigkeit sind weitere wichtige Faktoren in der heutigen dynamischen Arbeitswelt. Mitarbeiter mit einer weniger unternehmenszentrierten Auffassung von Karriere neigen dazu, besser mit Veränderungen umzugehen, als diejenigen, die ihre Karriere stark von der Organisation abhängig machen. Sie weisen eine geringere Resilienz auf, wenn Unternehmen sich umstellen.
Die Ergebnisse zeigen, wie notwendigkeit es für Unternehmen ist, neben der beruflichen Entwicklung, auch die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu fördern.
Die arbeitsrechtliche Perspektive ist ein weiterer bedeutender Teil der Studienergebnisse. Die Möglichkeit, Arbeitsverträgen auf individuelle Bedürfnisse zuzuschneiden, ist ein entscheidender Faktor. Langfristige Verträge mit Flexibilität bei veränderten Bedingungen, leistungsbezogene Anreize, flexible Arbeitszeitmodelle und klare Regelungen im Falle von Kündigungen haben dabei eine zentrale Rolle. Die Einbindung und Mitbestimmung des Betriebsrates wird als unterstützender Faktor für eine ausgewogene und rechtlich konforme Beziehung zwischen Management und Mitarbeitenden wahrgenommen.
Die Förderung von Resilienz und Anpassungsfähigkeit steigert nicht nur die Arbeitszufriedenheit, sondern sie erhöht auch die Bleibeabsicht der Mitarbeiter. Unternehmen sollten sich generell mehr auf die persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten ihrer Mitarbeiter fokussieren. Dies kann über die Bereitstellung von Mentoring-Programmen, flexiblen Karrierepfaden und die Integration von Arbeit und Leben ermöglicht werden.
Die Studie macht deutlich, dass Unternehmen, die sich aktiv mit den vielfältigen Karrierevorstellungen ihrer Mitarbeiter auseinandersetzen, individuelle Resilienz fördern und eine ausgewogene arbeitsrechtliche Grundlage schaffen, besser in der Lage sind, ihre Mitarbeiter langfristig zu binden und erfolgreich zu agieren.