Achtsamkeit: Weil der Augenblick zählt

Dieses Mal geht’s um einen Klassiker. Achtsamkeit wird als Schlagwort häufig benutzt, wenn wir über das Sein im „Hier und Jetzt“ sprechen. Doch was ist Achtsamkeit eigentlich und wie kann sie hilfreich sein für unser Leben? Um diese – und weitere Fragen – dreht sich dieser Artikel.

stg impuls Achtsamkeit

Info & Input

Was ist Achtsamkeit?

Achtsam sein heißt: Ich nehme wahr, was ist. Mit allen meinen Sinnen. Ich lenke meine Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Augenblick. Klingt einfach, ist es aber nicht. Denn achtsam sein heißt, etwas weniger zu tun, das wir die ganze Zeit machen. Bewerten.

Ich nehme wahr, was ich jetzt fühle. Ich nehme wahr, was ich jetzt denke. Ich nehme wahr, was ich jetzt höre. Ich nehme wahr, was ich jetzt sehe. Mehr nicht.

Dieses „Mehr nicht“ ist das A und O.


Wahrnehmen, was ist.

Achtsamkeit kann eine enorme Wirkung auf unseren Alltag haben. Warum? Weil das „bloße“ Wahrnehmen ein klarer, unverstellter Blick auf unser Leben ist. Auf unser Leben, wie es wirklich ist – nicht, wie es sein sollte oder sein könnte.

So hilft uns Achtsamkeit dabei, uns nicht in unseren Gedanken zu verheddern. Sie verhindert auch, dass wir gegen etwas kämpfen, bei dem wir von vorneherein keine Chance haben zu gewinnen. Denn die Wirklichkeit ist so viel mächtiger als unsere Ideen über sie. Sie „besiegen“ zu wollen, ist wie der Versuch, einen Pinguin in die Wüste zu versetzen.

Wenn wir also in dieser Weise achtsam sind und wahrnehmen, was ist, haben wir etwas ganz Entscheidendes erreicht: Wir sind im Hier und Jetzt. Wir sind da. [1]


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Was ist Achtsamkeit nicht?

Achtsam sein heißt nicht, das zu tun, was wir im Alltag so häufig machen. Im „Autopilotenmodus“ leben. Das ist grundsätzlich auch gut so, denn ohne kämen wir im Alltag gar nicht zurecht. Dann müssten wir uns zum Beispiel bei jedem Schritt Gedanken machen, wie die Bewegung aussieht. So könnten wir gar nicht leben.

Schwierig wird es erst, wenn der „Autopilotenmodus“ überhandnimmt. Wenn wir nach gewohnten Mustern funktionieren und das gar nicht mehr in Frage stellen. Dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass unser Denken, Fühlen und/oder Handeln nicht (mehr) zur Situation passen. Damit werden wir unflexibel.


Was bringt Achtsamkeit?

Sie erhöhen Ihre Selbstwirksamkeit. Sie können sich leichter von belastenden und/oder überwältigenden Gedanken und Gefühlen distanzieren. Das gibt Ihnen mehr Flexibilität und einen größeren Handlungsspielraum.

Sie bekommen einen besseren Bezug zu sich selbst. Achtsamkeit kann Ihnen helfen, das Bewusstsein für Sie selbst und Ihre eigene Identität zu stärken. Sie lernen sich besser kennen in Ihrem Erleben, werden präsenter. Und vielleicht entdecken Sie auch Muster im Denken, Fühlen und Verhalten (Ihre „Autopiloten“), die Sie dann hinterfragen können.

Sie lernen: „Ich bin nicht mein Gefühl.“ sondern „Ich habe ein Gefühl.“ Wenn Sie eine Situation klar und konzentriert wahrnehmen können, wird Ihnen deutlicher, was als nächstes zu tun ist. Sie wissen eher für sich, was der nächste Schritt ist.

Sie geben Ihrem intuitiven Wissen und Verstehen mehr Raum. Achtsamkeitsübungen können ein Weg sein, um Gefühl und Verstand mehr in Balance zu bringen. Das kann Ihnen den Zugang zu Ihrem intuitiven Wissen und Verstehen (wieder) eröffnen.


Wie geht Achtsamkeit?

Achtsamkeit heißt, etwas Bestimmtes zu tun und das auf eine ganz bestimmte Art und Weise zu machen. Es geht um das „Was“ und das „Wie“.

Die Was-Fertigkeiten der Achtsamkeit sind:

  • Wahrnehmen: Sich auf das einlassen, was im Augenblick da ist. Dazu gehört die Welt um Sie herum ebenso wie Ihre Gefühle und Gedanken.
  • Beschreiben: Worte finden für Ihre Gedanken und Gefühle. Schon das Benennen schafft Abstand dazu.
  • Teilnehmen: „Aufgehen“ im gegenwärtigen Moment und ganz aus dem Moment heraus handeln. Eins werden mit dem, was Sie gerade tun und erleben. Ohne nachzudenken, was gerade los ist.

Die Wie-Fertigkeiten der Achtsamkeit sind:

  • Annehmend: Sie nehmen die Situation wahr, wie sie gerade ist und akzeptieren sie in ihrem „So-Sein“. Keine Bewertung. Kein Festhalten an Gedanken und Gefühlen.
  • Konzentriert: Tun Sie das, was Sie gerade machen, mit Ihrer vollen Aufmerksamkeit. Bleiben Sie bei sich und bei dieser Sache.
  • Wirkungsvoll: Tun Sie, was im Moment möglich ist. Und tun Sie es so, dass es funktionieren kann.

Achtsamkeit Umsetzung


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Praxisteil

Übung macht die Meisterin und den Meister

Achtsamkeit braucht – Sie ahnen es – Übung und Dranbleiben. Ein paar Minuten jeden Tag, die aber regelmäßig. Die Erfahrung zeigt, dass sich nach etwa 6 Wochen erste Veränderungen einstellen. Sie merken es zum Beispiel daran, dass Sie ruhiger werden, dass Sie bestimmte Situationen gefühlsmäßig nicht mehr so mitnehmen. Oder dass Sie es schaffen, Ihre Reaktionen im Fühlen, Denken und Handeln mit etwas mehr Abstand zu beobachten. So fühlen Sie sich (immer) weniger ausgeliefert und hilflos.

Sie werden wieder Herrin und Herr im eigenen Haus. Damit machen Sie sich das größte Geschenk überhaupt: Freiheit!

Praxisteil
Anregung 1: 5-4-3-2-1
Anregung 2: Achtsames Warten
Anregung 3: Jonglieren


Anregung 1: 5-4-3-2-1

Diese Übung können Sie im Stehen, Sitzen oder Gehen durchführen. Atmen Sie ein paar Mal tief durch und beginnen Sie.

  • Benennen Sie (leise für sich) 5 Dinge, die Sie gerade sehen.
  • Benennen Sie 4 Dinge, die Sie gerade fühlen, z.B. den Stoff des Pullis auf Ihrem Arm.
  • Benennen Sie 3 Dinge, die Sie gerade hören.
  • Benennen Sie 2 Dinge, die Sie gerade riechen.
  • Benennen Sie 1 Sache, die Sie gerade schmecken.

Wenn Ihnen beim Riechen oder Schmecken nur eine Sache einfällt, oder gar keine, macht das nichts. Es geht darum, dass Sie sich einen Moment lang auf diese Sinne konzentrieren.

Wahrscheinlich tauchen während der Übung auch Gedanken und/oder Gefühle auf. Das ist absolut normal. Nehmen Sie diese kurz wahr und richten Sie Ihre Aufmerksamkeit dann wieder auf die Übung.


Anregung 2: Achtsames Warten

Achtsamkeit lässt sich sehr gut in unseren Alltag einbauen – zum Beispiel beim Warten. An der Kasse oder auf die S-Bahn … Meistens lenken wir uns in diesen Situationen ab. Wir greifen zum Handy oder lassen Gedanken kommen. Im schlimmsten Fall fangen wir an zu grübeln. Da ist er wieder, der „Autopilot“.
Dabei lässt sich so eine Zwangspause auch als Gelegenheit sehen, ein paar Momente zur Ruhe zu kommen. Das geht zum Beispiel so:
  1. Richten Sie die Aufmerksamkeit auf Ihre Füße. Spüren Sie deren Auflagefläche zum Boden – Zehen, Ballen, Mittelfuß, Ferse. Wie stehen Sie da?
  2. Verlagern Sie dann das Gewicht auf den rechten Fuß. Der linke liegt nur noch locker auf. Spüren Sie, wie der Boden Sie trägt. Wie verändert sich die Auflagefläche? Spüren Sie Spannung im tragenden rechten Bein? Beobachten Sie Ihre Körperempfindungen.
  3. Wiederholen Sie dasselbe mit dem linken Fuß.

Anregung 3: Jonglieren

Wieso ausgerechnet Jonglieren? Das fragen Sie sich vielleicht gerade. Die Antwort ist einfach: Weil Jonglieren eine Achtsamkeits-Übung par excellence ist!
Sie müssen sich wirklich auf das einlassen, was Sie gerade tun, darin aufgehen und sich wirklich konzentrieren. Sonst fallen die Bälle runter – ganz einfach.
Und nebenbei tun Sie auch Ihrem Gehirn etwas Gutes. Denn die sanften Bewegungen beim Werfen und Fangen regen die Durchblutung an. Das Gehirn bekommt auf diese Weise Sauerstoff. Zur Koordination müssen zudem beide Gehirnhälften zusammenarbeiten. Sie sind über den sog. „Balken“ (Corpus Callosum) aus rund 300 Millionen Nervenfasern miteinander verbunden. Jonglieren aktiviert diese Region ganz besonders. Gleichzeitig wird das Protein BDNF gebildet, das für das Wachstum neuer Gehirnzellen sorgt. Forscher der Uni Regensburg fanden in einer Studie im Jahr 2004 heraus, dass das Gehirnvolumen der Probanden nach regelmäßigen Jonglage-Übungen zunahm.
Zugleich entspannt Jonglieren. Die Bewegung baut Stresshormone ab. Und nicht zuletzt stellen sich erste Erfolge erstaunlich schnell ein. Sie werden innerhalb weniger Minuten sicherer. Damit wächst auch der Spaß am Jonglieren. Das Glückshormon Dopamin wird ausgestoßen; es macht zufrieden und wach.

Hier ist die Anleitung im Video – viel Spaß beim Üben. [2]


Schließen wir mit einer Geschichte

Sie gingen durch den Lärm der Großstadt. Plötzlich blieb Paul stehen und sagte: „Hör mal, eine Amsel.“ Aber Rainer hörte nur Autolärm, eilige Schritte und verkaufsfördernde Popmusik. „Irgendwo muss sie sich ein Nest gebaut haben“, beharrte Paul. Rainer legte den Kopf schief, gab sich Mühe. Und jetzt nahm er ihn tatsächlich wahr, den fernen Ruf eines Vogels. „Du hast ein verdammt gutes Gehör!“ „Nein.“ sagte Paul. „Meine Ohren sind nicht besser als deine oder die anderer Leute. Pass auf, ich beweise es dir.“ Er nahm ein Euro Stück aus der Tasche warf es hoch und ließ es auf das Pflaster klimpern. Sofort blieben einige Passanten stehen und suchten den Boden mit den Augen ab. „Siehst du“, meinte Paul. „Wir haben alle ein gutes Gehör. Entscheidend ist nur auf was wir achten.“ [3]


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Quellen:

[1] Wilker, J. (1998). Das Einmaleins der Achtsamkeit. Theseus-Verlag.

[2] https://www.zeit.de/karriere/beruf/2012-10/konzentration-gehirnleistung-jonglage?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F, https://www.youtube.com/watch?v=03VNHsU2jZE

[3] http://www.martina_traxler.public1.linz.at/Dateien/Geschichten/ebook%20Hey%20moment%20mal.pdf

Beitragsbild: Pexels mikael-blomkvist

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