Hybrides Arbeiten. Das Beste aus beiden Welten

Mit Corona kam das Homeoffice, um – selbst ohne gesetzliche Verpflichtung – zu bleiben. Die Folge: In Organisationen wird hybrides Arbeiten normal. Ein Teil der Beschäftigten ist vor Ort und ein Teil remote tätig.

Doch wie gestaltet man diese spezielle Art des Arbeitens eigentlich, damit sie dauerhaft gesund, wirksam und entwicklungsfördernd wird? In diesem Beitrag geben wir Ihnen einige Anregungen dazu.

Hybrides Arbeiten stg impuls

Das neue Normal

Corona hat vieles verändert, auch das Arbeiten. Vor allem für diejenigen, die ihren Job auch von zu Hause aus erledigen konnten. Und ebenso wie uns die Pandemie verändert, aber noch immer begleitet, tut es auch das Homeoffice. Viele von uns arbeiten anders als Anfang 2020, nicht nur räumlich. Das Homeoffice ist gesetzt, denn ein Großteil der Beschäftigten möchte nicht mehr in die präsenzbasierte Vor-Corona-Arbeitswelt zurück.

Je nach Umfrage wollen 80 oder sogar 90 Prozent der Beschäftigten, die eine klassische Wissens- oder Büroarbeit verrichten, auch künftig zumindest teilweise von zuhause aus arbeiten. Zu wertvoll ist ihnen u.a. die Zeit, die sie durch die wegfallende Anfahrt zum Arbeitsplatz gewinnen. Zu wertvoll erscheint auch der Gewinn an Flexibilität, Autonomie und Produktivität.

In Organisationen wird hybrides Arbeiten damit zum neuen Normal. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen zunehmend selbst entscheiden, wann und von wo sie arbeiten.


Hybrides Arbeiten – was ist das eigentlich?

Hybrid kommt aus dem Griechischen und bedeutet: aus zweierlei zusammengesetzt. In der Arbeitswelt steht der Begriff aktuell für eine Arbeitsform, bei der teils in der Firma, teils remote gearbeitet wird. Ganz neu ist das Konzept allerdings nicht. So arbeitet etwa der Außendienst von Pharmaunternehmen traditionell hybrid.

Allerdings ist hybrid nicht gleich hybrid, es gibt verschiedene Spielarten. Der Begriff „Hybridarbeit“ umfasst eine Reihe von Modellen mit sehr unterschiedlichen Flexibilitätsgraden in Bezug auf Ort und Zeit des Arbeitens.

So kann unterschieden werden zwischen:

Office first
Homeoffice ist eher die Ausnahme, die meiste Arbeit findet zu festen Zeiten vor Ort im Unternehmen statt.

Homeoffice first
Homeoffice ist die Regel, Präsenzzeiten beschränken sich auf einzelne Tage, Events oder Kurzbesuche für Brainstorming-Runden bzw. Kundentermine.

Hybrid (statisch oder flexibel)
Das ist eine Mischform zwischen Heim- und Büroarbeit, je nach zeitlicher Flexibilität eher formal oder situativ geregelt. Verbreitet ist die sog. „2+3-Lösung“, bei der jeweils zwei oder drei feste oder frei wählbare Tage vor Ort gearbeitet wird.

Work from anywhere
Stellt es Mitarbeitenden weitgehend frei, ob sie von zu Hause, vom Büro oder einem sog. „Third Place“ (Coworking Space, Café, Bibliothek) aus arbeiten.

Work from anywhere anytime
Mitarbeitende können vollkommen zeit- und ortsunabhängig arbeiten, analoge Begegnung findet nur auf Verabredung statt.

Unabhängig davon, welches Modell letztlich umgesetzt wird: Gefragt sind kreative und flexible Lösungen, die das Beste aus den verfügbaren Möglichkeiten und für verschiedene Einsatzzwecke herausholen.


Praxisteil: Hybrid, aber wie?

Natürlich eignet sich nicht jeder Job fürs hybride Arbeiten. Und natürlich handhaben die Unternehmen ganz unterschiedlich, welches Maß an Flexibilität sie anbieten wollen oder können. Dementsprechend haben die Beschäftigten mehr oder weniger Freiheit in der Wahl ihres bevorzugten Arbeitsmodells.

Egal aber, ob es ein Tag im Homeoffice ist oder fünf „from anywhere“ – es lohnt sich, den Corona-Krisenmodus auszuschalten und das „neue Normal“ bewusst zu gestalten.

Im Praxisteil geben wir Ihnen einige Anregungen für drei wichtige Bereiche.


Praxistipp 1: Gesundheit

Wenn sich das Homeoffice wandelt von der pandemiebedingten Zwangslösung zur selbstgewählten Option mit Zukunftspotenzial, ist es wichtig, dieser neuen Bedeutung Rechnung zu tragen und den Arbeitsplatz zu Hause so gesund wie möglich zu gestalten.

Ergonomie & Equipment

Stimmt die individuelle Einstellung des PC-Arbeitsplatzes zuhause nicht, sind Kopf-, Nacken- und/oder Rückenschmerzen vorprogrammiert. Ein paar einfache Regeln (siehe Abb.) helfen beim Adjustieren. Unerlässlich ist auch gutes Equipment. Manche Arbeitgeber stellen ihren Beschäftigten dafür einmalig oder in regelmäßigen Abständen ein Budget zur Verfügung.

Neben der Grundausstattung Laptop, Docking Station, (höhenverstellbaren) Monitor, Maus und Tastatur sowie Schreibtisch und Bürostuhl, sind professionelle Audio- und Videolösungen für virtuelle Meetings und Gespräche unverzichtbar.

Ergonomie am Arbeitsplatz stg

Ein Platz für die Arbeit zu Hause

Fürs körperlich wie seelisch gesunde Homeoffice ist es nicht nur wichtig, wie, sondern auch wo Sie sitzen. Schließlich passiert es allzu leicht, dass sich die Arbeit in den eigenen vier Wänden immer weiter ausdehnt. Und was rein räumlich beginnt – etwa mit dem stets offenen Laptop und dem eingeschalteten Diensthandy auf dem Küchen- oder Esstisch – kann sich zur gedanklichen und emotionalen Omnipräsenz der Arbeit entwickeln. Das ist schlecht, weil Sie irgendwann buchstäblich nicht mehr abschalten können.

Deshalb: Geben Sie der Arbeit zu Hause ihren „Platz“. Und tun Sie es auch, wenn Sie nicht über den Luxus eines eigenen Arbeitszimmers verfügen. Ein kleiner Wandsekretär zum Beispiel kann es auch tun, ein Mini-Schreibtisch oder zur Not auch der Küchen- oder Esstisch, wenn Sie ihn nach Benutzung wieder komplett aufräumen.

Bewegung, Pausen und Routinen

Wenn Homeoffice ein fester Bestandteil Ihres Arbeitslebens wird, ist das ein guter Moment, um dauerhaft auch Bewegung darin zu integrieren. Wer im Homeoffice arbeitet, hat schließlich andere Möglichkeiten: Das fängt an beim Stehen oder Gehen in der
Wohnung während eines Telefonats und reicht bis zum Studieren einer Präsentation auf dem Ergometer.

Stehen Sie möglichst alle 30 Minuten – mindestens aber einmal pro Stunde auf und legen Sie eine ein- bis dreiminütige Bewegungspause ein. Insgesamt, so empfiehlt es die Weltgesundheitsorganisation, sollten sich Erwachsene mindestens 150 Minuten pro Woche ausdauernd bewegen und zwei Mal wöchentlich Kraftübungen für den ganzen Körper einbauen. Das ist gut machbar und hat einen nachhaltig positiven Effekt auf Ihre Gesundheit.


Praxistipp 2: Virtuelle Zusammenarbeit

Online-Meetings und Videokonferenzen sind zentraler und unausweichlicher Bestandteil des virtuellen Arbeitens. Notwendig, aber oft zu viel und ziemlich anstrengend. Die sog. „Zoom Fatigue“ ist ein mittlerweile gut bekanntes Phänomen. Es hängt damit zusammen, dass wir unsere Gesprächspartner online meist nur bis zu den Schultern sehen und die anderen Sinne zur Wahrnehmung wegfallen. Zugleich sitzen wir die ganze Zeit auf dem „virtuellen Präsentierteller“ und sehen uns auch noch selbst – bei eingeschränktem Bewegungsradius!

Wer dauerhaft hybrid arbeitet, kann deshalb auch beim Thema virtuelle Kooperation eine Menge gestalten.

Weniger von allem

Braucht es die Videokonferenz wirklich? Und falls ja, mit wem und wie lange? Nicht jedes Online-Meeting mit mehreren Teilnehmer*innen ist wirklich notwendig. Vieles lässt sich telefonisch regeln, manches am Bildschirm, aber ohne Kamera, in der Hälfte der Zeit und mit weniger Leuten. Mehr Bewusstheit und Klarheit hilft gegen Zoom Fatigue.

Kein Multitasking

So verführerisch es sein mag – vermeiden Sie Multitasking in Videokonferenzen. Das parallele Arbeiten teilt Ihre Aufmerksamkeit noch mehr, als es die beschriebenen Anforderungen in Online-Meetings ohnehin schon tun. Das bindet kognitive Ressourcen und strengt an. Es geht ja auch darum, nach der Videokonferenz weiterzuarbeiten. Einem zunehmend erschöpften Gehirn fällt das schwer.

Die Beziehungsebene im Blick behalten

Bei der virtuellen Kommunikation steht oft die Sach- und Ergebnisorientierung im Mittelpunkt.
Es geht um die jeweilige Aufgabe, um Ziele und Ergebnisse – und dabei rutscht die Beziehungsebene nicht selten aus dem Fokus. Das ist schlecht, weil so auf Dauer die Verbundenheit als „Kitt“ im Team verloren gehen kann.

Es braucht deshalb Möglichkeiten zur „zweckfreien“ persönlichen Kommunikation. Das kann ein regelmäßiger kurzer Check-in sein, bei dem alle Teilnehmenden ein paar Worte dazu sagen, wie es ihnen gerade geht. Das können aber auch ein paar Minuten vor Videokonferenzen sein, in denen der virtuelle Raum zum Plausch geöffnet ist.


Praxistipp 3: Das „neue Analog“

Ins Büro zu gehen, um dort eine Videokonferenz nach der anderen zu haben, macht wenig Sinn. Hybrides Arbeiten als dauerhaftes Modell heißt auch, die gemeinsamen Zeiten vor Ort – das „neue Analog“ – bewusst zu gestalten.

Hilfreich hierfür kann der sog. „Activity Based Working“-Ansatz aus dem Office Design sein. Danach soll jede Tätigkeit idealerweise dort ausgeübt werden, wo sie für die/den jeweiligen Mitarbeitende*n am besten funktioniert – zu Hause, im Büro oder beim Waldspaziergang in der Natur.

Die Frage ist also: Welche Tätigkeiten funktionieren besser gemeinsam vor Ort?

Die „4K-Formel“ bringt auf den Punkt, was besser in Präsenz geht.

(informelle) Kommunikation:

Was viele Beschäftigte nach der langen Pandemie-Zeit vermissen, sind die Kolleg*innen IN ECHT. Das sind kleine Begegnungen, persönliche Gespräche und – ja auch – Flurfunk und Informationen unter dem offiziellen Radar.

Nutzen Sie die Zeiten im Büro gezielt, um Ihren „Verbundenheitsakku“ wieder aufzuladen und wieder ein echtes Gespür zu bekommen für die Menschen, mit denen Sie arbeiten. Das kann – zumindest eine Weile – wichtiger sein, als am Tag im Büro möglichst viele Aufgaben zu erledigen.

Komplexität:
Grundsätzlich gilt: Je komplexer und/oder emotionaler, desto wichtiger ist die Präsenz. Vielschichtige und schwer fassbare Aufgaben und Probleme lassen sich in einer realen Meeting-Situation viel besser besprechen. Gleiches gilt für Entscheidungen, die gemeinsam getroffen werden müssen, oder für sog. „Informationsmeetings mit emotionaler Rückkoppelung“. Darunter fallen Kickoff-Meetings, z.B. beim Start von Projekten oder Veränderungsvorhaben, bei denen sich die Teammitglieder erstmal kennenlernen müssen, oder auch Mitarbeiterbespräche.

Kreativität:
Alle Teamprozesse, die mit Kreativität zu tun haben, klappen in Präsenz besser. Denn
gemeinsames Brainstormen, Ideen spinnen und Lösungen entwickeln lebt als Prozess stark
vom Miteinander-in-Resonanz-Gehen und dem sinnlichen Erleben der Situation und ihrer Dynamik. Im analogen Setting können sind spontane Eingaben, Zurufe und parallele
Gespräche möglich. Virtuell eher nicht. Auch gemeinsam am Flipchart zu stehen und in den Flow zu kommen, ist analog viel einfacher als über digitale Hilfsmittel.

Kultur:
Die Kultur umfasst alles, was ein Unternehmen ausmacht, und sich nicht durch Worte vermitteln lässt, sondern nur durch Tun und Erleben. Dazu gehören neben Feiern und Events auch andere Dinge, bei denen der gemeinsame Spirit erfahrbar wird. Bei einem Unternehmen mit einer ausgesprochenen Vertriebskultur kann das zum Beispiel die belebende Hektik eines vollen Büros und das gemeinsame Feiern von Abschlüssen sein. Kultur braucht regelmäßige Präsenz, damit sie sich entfalten und festigen kann.


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Quellen:

Pflügler, S. (2022). Das neue Nicht-Normal. Präsenzarbeit anders denken. In: Manager Seminare, 292, Juli 2022, S. 16-22.

Pflügler, S. (2021). Mitarbeiter führen in der digitalen Ära. München: Redline.

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