Auf Sicht. Vom Umgang mit der Ungewissheit
In einer Arbeitswelt, die sich ständig verändert, gehören Unsicherheit und Ungewissheit längst zum Alltag. Führungskräfte und HR-Teams stehen dabei besonders im Fokus, denn sie müssen nicht nur selbst souverän mit Ängsten umgehen, sondern auch ihre Teams unterstützen und Orientierung bieten. Doch wie kann das gelingen, wenn das Außen nur wenig Halt und Vorhersehbarkeit bietet?
In diesem Beitrag erfahren Sie, warum Ungewissheit ein natürlicher Teil des Lebens ist – und wie Sie in Ihrer Rolle handlungsfähig bleiben, Ihre Resilienz stärken und andere dazu befähigen können, Krisen besser zu bewältigen.
Führungskräfte im Spannungsfeld: Zwei Seiten einer Medaille
Unsicherheit und Ungewissheit werden häufig gleichgesetzt. Beide Begriffe beschreiben Situationen, in denen wir nicht sicher sind, was als nächstes passieren wird. Dennoch gibt es einen entscheidenden Unterschied:
- Unsicherheit betrifft Entscheidungen – wir sind unschlüssig, ob wir handeln oder lieber abwarten sollen.
- Ungewissheit bezieht sich auf den Ausgang einer Situation oder auf unbekannte Entwicklungen in der Zukunft.
HR-Teams und Führungskräfte stehen oft im Spannungsfeld beider Zustände: Sie müssen Entscheidungen treffen, obwohl die Rahmenbedingungen unklar sind, und zugleich ein Gefühl der Stabilität in unsicheren Zeiten schaffen.
Was tun bei Ungewissheit?
Ungewissheit gehört zum Job – aber wie gehe ich damit um?
Unsicherheiten sind schwer auszuhalten, vor allem, wenn Verantwortung für andere Menschen und Prozesse auf den eigenen Schultern ruht. Warum fühlen sich Unsicherheit und Ungewissheit so belastend an?
- Es ist nicht selbst gewählt. Oft empfinden wir sie als fremdbestimmt und unvermeidbar.
- Das Gehirn sucht Orientierung. Unser Bedürfnis nach Klarheit wird nicht erfüllt, was die Stressreaktion verstärkt.
- Wir wünschen uns schnelle Lösungen. Der sogenannte Need for Cognitive Closure (NFCC) beschreibt das starke Verlangen nach Klarheit, auch wenn diese nur kurzfristig Sicherheit vermittelt.
Ungewissheit meistern: Ihr Nutzen als Führungskraft oder HR-Professional
Eine Frage der Bewertung
Unsicherheit kann belastend sein – oder eine Chance darstellen. Viele Persönlichkeiten, die als risikofreudig gelten, empfinden Ungewissheit sogar als belebend. Warum? Sie bewerten Unsicherheit nicht als Gefahr, sondern als Herausforderung, die Entwicklung und Wachstum ermöglicht.
In Ihrer Rolle als HR-Verantwortliche oder Führungskraft können Sie diese Perspektive für sich und Ihr Team fördern. Unsicherheiten geben Freiraum für Kreativität, neue Lösungen und Innovationen – wenn wir lernen, mit ihnen konstruktiv umzugehen.
Führung in unsicheren Zeiten
Unsicherheiten sind unvermeidlich, aber sie bergen eine wichtige Entwicklungschance: die Fähigkeit, unter unklaren Bedingungen klar zu denken und zu handeln. Führungskräfte und HR-Professionals, die diese Kompetenz entwickeln, können:
- sich selbst und andere sicher durch Veränderungen führen,
- in komplexen Situationen handlungsfähig bleiben,
- und zugleich Resilienz und Vertrauen innerhalb des Teams stärken.
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Vielfältige Folgen – für Führungskräfte und Belegschaft
Unsicherheit und Ungewissheit können für alle Parteien verschiedene Auswirkungen haben, je nachdem, in welchem Zusammenhang sie auftreten.
- Belastende Gefühle: Die subjektiv empfundene bzw. reale Bedrohung der Unsicherheit ist Hochstress fürs Gehirn. Sie löst Gefühle wie Angst, Ärger/Wut, Ohnmacht bzw. Hilflosigkeit aus. Diese werden begleitet von belastenden und negativ gefärbten Gedanken (Katastrophendenken), die nicht selten in endlose Gedankenschleifen münden. Wir glauben diesen Gedanken, identifizieren uns damit und reagieren darauf, als wären sie Fakten. Das Fachwort hierfür heißt Gedankenfusion.
- Entscheidungsschwierigkeiten: Wenn wir unsicher sind, welche Entscheidung die richtige ist, passiert oft gar nichts mehr. Die Folge ist blockierender Stillstand.
- Vermeidung von Risiken: Wenn wir uns unsicher sind, können wir auch dazu neigen, Risiken zu vermeiden, um uns vor potenziellen negativen Folgen zu schützen. Dies kann jedoch dazu führen, dass wir Chancen verpassen, die uns weiterbringen könnten.
- Auswirkungen auf die Gesundheit: Halten Unsicherheit und Ungewissheit über einen längeren Zeitraum an, können sie auch körperliche Auswirkungen haben. Dazu zählen beispielsweise Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Verdauungsprobleme bis hin zu depressiven Verstimmungen.
Ansatz für Führungskräfte: Die Bewertung macht den Unterschied
Unsicherheit und Ungewissheit sind nicht per se belastend. Ganz im Gegenteil. Die sogenannten „Sensation Seekers“ gehen etwa absichtlich Risiken ein, die mit Unsicherheit und Ungewissheit einhergehen. Beim Bungeejumping zum Beispiel, bei Antritt eines anspruchsvollen neuen Jobs oder wichtigen Entscheidungen im Leben, deren Wirkung (noch) nicht abzusehen ist.
Wahrscheinlich haben auch diese Menschen Angst. Handlungsleitend oder -verhindernd jedoch ist diese nicht, denn insgesamt überwiegt der „kribbelige Schauer“.
Warum ist das so? Weil sich die Aufmerksamkeit auf das Erleben der Situation und die Empfindungen danach richtet. So wird die Angst nicht zur Bremse, sondern zur Richtungsweiserin. Die positive Folge: Gefühle wie Stolz, Freude oder Erleichterung und entwicklungsförderliche Gedanken („Ich habe das geschafft“!).
Wenn Sie bemerken, dass Unsicherheit und Ungewissheit Sie selbst oder Ihr Team lähmen, ist es vielleicht an der Zeit, am eigenen Mindset zu arbeiten.
Die große Chance
Unsicherheit ist eine Grundbedingung menschlichen Lebens. Sie ermöglicht Reichtum, Vielfalt und Unterschiedlichkeit ebenso wie Freude am spontanen Handeln und kreatives Gestalten. So gesehen, birgt Unsicherheit eine große Chance zur Entwicklung und zum persönlichen Wachstum. Freiheit – das steht fest – gibt es nicht ohne Unsicherheit. Wir alle kennen sicher das Sprichwort: „Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere.“ Und mit Sicherheit kennt auch jeder mehr als eine Situation aus seinem Leben, die er genau auf dieses Sprichwort beziehen kann.
Die Fähigkeit, unter Unsicherheit Zukunft zu gestalten, ist deshalb die Kompetenz unserer Zeit.
Manchmal betreffen Ängste und Krisen Personen auf der Entscheider-Ebene, meist jedoch die Belegschaft. Für ein gutes Leadership sollte man sich als HRler in der Lage sein, auf Zeiten der Unsicherheit zu reagieren. Sich in die Sorgen und Nöte der Belegschaft hineinzuversetzen, schafft das Vertrauen des Teams.
Wie also lässt sich diese Kompetenz entwickeln und stärken?
Auf der emotionalen Ebene geht es im Kern darum, Unsicherheit auch als eigenes Gefühl wahrnehmen zu können oder sich an das Gefühl unsicherer Zeiten zu erinnern, es im Körper halten und da sein lassen zu können, ohne darin zu versinken.
Schenken Sie Ihrer eigenen Unsicherheit Beachtung, aber keine Bedeutung. Das Gefühl „wegmachen“ zu wollen, funktioniert allenfalls kurzfristig. Es kommt zurück, mitunter sogar stärker. Und das ist auch gut so, denn wie jedes Gefühl hat auch die Unsicherheit eine wichtige Signalfunktion: Sie macht auf ein gerade nicht erfülltes Bedürfnis aufmerksam. Im Falle der Unsicherheit liegt dieses auf der Hand – es fehlt die Sicherheit.
Wenn die Situation also unsicher ist, ist es völlig angemessen, sich unsicher zu fühlen. Die Frage ist nur: Was mache ich mit dem Gefühl?
Gebe ich der mitschwingenden Angst nach und den sorgenvollen Gedanken und blockiere ich mich dadurch höchstwahrscheinlich? Oder packe ich die Unsicherheit in meinen persönlichen Rucksack und mache mich mit ihr auf den Weg?
Stehe ich oder gehe ich? Sie entscheiden.
Stärken Sie Ihre Kompetenz im Umgang mit Unsicherheit – praxisnah und nachhaltig!
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Praxisteil: Tools für Führungskräfte und HR-Profis
- Raus aus der Ohnmacht
Konzentration auf den Moment ist der erste Schritt, um Unsicherheit konstruktiv zu begegnen. Überlegen Sie:
- Was kann ich jetzt beeinflussen? Wie kann ich sicher durch den Führungsalltag navigieren?
- Welche kleinen Maßnahmen können mir oder meinem Team sofort mehr Sicherheit geben?
Diese kleinen Schritte haben eine große Wirkung: Sie vermitteln ein Gefühl von Kontrolle, Handlungsfähigkeit und Selbstwirksamkeit.
- Der Körper als Anker
Führen Sie Ihre Teams nicht nur mit Worten, sondern auch mit Ruhe. Unsicherheit erzeugt oft körperliche Symptome wie Anspannung oder Unruhe. Üben Sie, sich selbst zu regulieren:
- Konzentrieren Sie sich auf Körperwahrnehmungen, z. B. die Berührung Ihrer Füße mit dem Boden.
- Atmen Sie bewusst tief ein und aus.
- Entwickeln Sie Rituale, die Sie und Ihr Team in stressigen Phasen erden – von Atemübungen bis hin zu kurzen gemeinsamen Check-ins.
3. Dankbarkeit leben – bei sich selbst und im Team
Dankbarkeit hilft, den Blick auf das Positive zu lenken – auch in unsicheren Zeiten.
- Beginnen Sie Meetings oder Feedbackgespräche mit der Frage: Worauf können wir heute stolz sein?
- Fördern Sie ein Klima, in dem auch kleine Erfolge sichtbar gemacht und gefeiert werden.
- Etablieren Sie Dankbarkeitsrituale, wie ein „positives Wochenende-Update“ in der Montagsrunde.
Wie HR und Führungskräfte profitieren
Der konstruktive Umgang mit Unsicherheit stärkt nicht nur Ihre eigene Resilienz, sondern hat auch messbare Vorteile für Ihre Organisation:
- Produktivität: Klarheit in der Kommunikation schafft Orientierung und erhöht die Effizienz – selbst in unklaren Zeiten.
- Mitarbeiterbindung: Teams bleiben leistungsfähig, wenn sie in einem stabilen Rahmen geführt werden.
- Innovationsfähigkeit: Unsicherheiten können genutzt werden, um kreative Ideen und Lösungen zu fördern.
Nutzen Sie dabei Programme wie unser Employee Assistance Program (EAP), um professionelle Unterstützung für sich und Ihr Team sicherzustellen.
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