Es ist kein oft genutztes Buzzword, keine trendige Headline in Wellness-Magazinen: Demut als Haltung und Fähigkeit, sich zurückzunehmen, staunend dankbar zu sein und sich verbunden zu fühlen mit etwas, das größer ist als wir selbst.
Dieser Beitrag möchte die Lanze brechen für eine altmodische Tugend.
Bescheiden und respektvoll
Demut beschreibt eine bescheidene Haltung, die geprägt ist durch Respekt gegenüber den Mitmenschen, der Welt und der Schöpfung im Allgemeinen. Demütige Menschen zeigen Achtung vor anderen, sie wissen um ihre eigenen Grenzen und Fehler, und sind willens, von anderen zu lernen.
Demut beinhaltet auch die Bereitschaft zu dienen und die Fähigkeit, sich selbst nicht über andere zu erheben. Vielmehr geht es um eine anspruchslose Einstellung gegenüber dem Leben und den Menschen um einen herum, ohne dabei auf die eigene Würde oder Selbstachtung zu verzichten.
Demut lässt uns das Leben leichter nehmen, wie es kommt. Sie hilft auch, schwierige Zeiten leichter zu bewältigen und gute wirklich wertzuschätzen, weil sie den Fokus weglenkt, weg von uns, hin auf etwas Größeres – Gott, Karma, Schicksal, Zufall. Etwas jedenfalls, was außerhalb unserer Kontrolle liegt. Dann zeigt sich Demut auch als Hingabe und Dankbarkeit und nährt unsere Lebensfreude ganz direkt. Kein Wunder also, dass Demut als Tugend in vielen Kulturen als wertvolle Eigenschaft angesehen wird, die zu einem harmonischen zwischenmenschlichen Umgang und einem ausgeglichenen, erfüllten Leben beiträgt.
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Mut zum Dienen
Sprachlich entwickelt hat sich der Begriff Demut aus dem althochdeutschen „diomuoti“. Zerlegt man das in seine Einzelteile, entstehen die Wörter „dionōn“ und „muot“. Im Hochdeutschen bedeuten sie soviel wie „dienen“ und „Mut“. Das heißt: Jemand, der demütig ist, hat „Mut zum Dienen“.
Ursprünglich kommt der Begriff aus dem religiösen Kontext. Ein demütiger Mensch dient seinem Schöpfer. Er erkennt und akzeptiert aus freien Stücken, dass es etwas für ihn Unerreichbares und Höheres gibt, und weiß sich zugleich eingebunden in die göttliche Schöpfung. Religiöse Menschen zeigen ihre Demut, indem sie nach Gottes Vorgaben handeln. Sie halten sich an die geltenden Regeln und dienen bereitwillig.
Eine Frage der Augenhöhe
Manche Menschen glauben: Wer demütig ist, macht sich klein oder ist unterwürfig oder lässt sich demütigen. Das trifft nicht zu. Wahre Demut entsteht aus dem Wissen um den eigenen
Wert und seine gleichzeitige Relativierung. Das zeigt sich in Sätzen wie „Ich habe viel Erfahrung in meinem Fachbereich, aber nur im Team sind wir wirklich erfolgreich.“ Oder, wie Isaac Newton es ausgedrückt hat: „Wenn ich weiter geblickt habe, so deshalb, weil ich auf den Schultern von Riesen stehe.“ Echte Demut wahrt die Augenhöhe, aber sie verfolgt keinen Zweck.
Ganz anders verhält es sich mit der Unterwürfigkeit. Sie ist eine Beschwichtigungsgeste für mehr Sicherheit, geboren aus Angst oder dem Plan, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Unterwürfige Menschen machen sich absichtlich klein. Sie beugen sich und geben dem anderen zu verstehen: „Ich bin dir kein ebenbürtiger Gegner, von mir droht keine Gefahr.“ Unterwürfigkeit verliert die Augenhöhe; sie ist zweckgebunden.
Altmodisch oder zeitgemäß?
„Wozu Demut – in dieser Welt des Höher, Schneller und Weiter?“, das fragen Sie sich vielleicht gerade. „Ist das nicht total altmodisch und selbstschädigend?“ Nein, ganz im Gegenteil. Je schneller, höher und weiter unsere (Arbeits-)Welt wird, desto wichtiger ist Demut als Grundhaltung im Leben.
Sie lässt uns die eigenen Stärken und Schwächen erkennen. Wir tun uns leichter, anderen Menschen Anerkennung und Wertschätzung entgegenzubringen. Demut lehrt uns auch, lernbereit und offen zu sein bzw. zu bleiben und uns zurückzunehmen, um erkennen, dass es nicht um das eigene Ego geht, sondern jede und jeder ein Teil des Ganzen ist.
So gesehen, passt Demut sehr gut in unsere Zeit. Denn sie hilft uns, (vermeintliche) Widersprüche zu überbrücken, die sich in Gedanken wie den folgenden äußern können:
- „Ich habe eine ganze Menge Wissen und weiß zugleich, dass dieses Wissen vergänglich ist.“
- „Ich leiste viel und mache die Erfahrung, dass Teams wirksamer sind.“
- „Ich habe einiges erreicht im Leben und bin mir zugleich bewusst, dass ich letztlich nichts festhalten kann.“
- „Ich hatte Glück im Leben – einfach so.“
- „Ich habe viel Schmerz erlebt und erkenne viel später, wozu dieser gut war.“
Demut verändert den Fokus – weg von uns selbst, weg von den alltäglichen Kämpfen und Zweifeln, hin zu dem, was trägt. Das entlastet und befreit. Und es macht uns ein bisschen weiser.
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Praxis-Tipps – eine Frage der Übung
Demut lässt sich lernen. Und das lohnt sich! Sie gewinnen eine positivere Lebenseinstellung, mehr Zufriedenheit und Einklang mit sich selbst. Studien zeigen: Demütige Menschen sind
seelisch und körperlich gesünder, hilfsbereiter und dankbarer. Überdies können Sie Ihre Gefühle bewusster wahrnehmen und meistern so stressige Erlebnisse schneller und leichter.
Anregung 1: Dankbarkeitsmoment am Abend
Dankbarkeit ist eine wichtige Komponente der Demut. Und sie „baut“ im wahrsten Sinne des Wortes Ihr Gehirn um, und das dauerhaft. Je öfter und regelmäßiger Sie sich in Dankbarkeit üben, umso schneller, langfristiger sowie stärker wird sie in Ihrem Gehirn verankert.
So geht’s:
- Nehmen Sie sich jeden Abend einen Moment Zeit, um sich zu überlegen: Wofür bin ich heute dankbar?
- Machen Sie sich Ihren eigenen Anteil bewusst. Aber denken Sie auch an das, was Sie von anderen Menschen (oder Tieren oder der Natur) bekommen haben.
- Spüren Sie, wo im Körper Sie die Dankbarkeit empfinden, und wie.
- Verweilen Sie in der angenehmen Körperwahrnehmung.
Wer lieber schreibt, kann ein Dankbarkeitstagebuch anlegen. Das hat den Vorteil, dass Sie die Dankbarkeitsmomente nachlesen und nachspüren können.
Oder: Sie schreiben Ihre Dankbarkeitsmomente auf kleine Zettelchen und sammeln diese in einem Glas oder einer Box. An einem bestimmten Datum (z. B. zu Sylvester oder an Ihrem Geburtstag) oder wenn Sie Ermunterung brauchen, können Sie die Zettelchen lesen und sich an die Momente erinnern (in Gedanken und mit Ihrer Körperwahrnehmung).
Anregung 2: Die Feedback-Dusche
In Teams – aber auch unter Freunden oder in der Familie – entfaltet diese kleine Übung immer wieder eine wohltuende Wirkung.
So geht’s, zum Beispiel in einem Teammeeting:
- Nehmen Sie sich etwas Zeit und notieren Sie sich zu jeder Person mindestens fünf positive Feedback-Punkte. Ergänzen Sie, wo immer möglich, welche Wirkung eine bestimmte Eigenschaft oder ein Verhalten auf Sie hat. Oder – wenn Sie damit vertraut sind – welches Bedürfnis damit bei Ihnen erfüllt wird. Zum Beispiel:
- Besonders schätze ich an dir … Das macht mir das Leben leichter, weil …
- Eine deiner großen Stärken ist … Dadurch fühle ich mich in deiner Gegenwart …
- Du bist mein Vorbild in … Ich möchte das auch lernen, weil …
- Mich hat wirklich beeindruckt, dass … Dadurch habe ich gelernt, dass …
- Dann bekommt jedes Teammitglied reihum jeweils 90 Sekunden eine „Feedback-Dusche“ von allen Anwesenden. Wichtig ist hierbei: Die „Beschenkten“ hören einfach nur zu. Keine Rechtfertigungen oder Relativierungen, einfach nur genießen! Erlaubt ist höchstens ein „Danke“ zum Schluss.
Anregung 3: Die kleinen Dinge
Was trägt wirklich im Alltag? Ganz oft sind es nicht die großen Gesten oder erfüllten materiellen Wünsche, sondern die Momente kleiner Freude und erlebter Verbundenheit. Das unverhofft persönliche Gespräch beim Bäcker, die ersten Tulpen im Garten, die tröstliche Umarmung eines Freundes oder einer Freundin an einem schweren Tag oder die Wärme der Sonne nach Tagen voller Regen und Wind.
Schärfen Sie Ihr Bewusstsein für diese Momente und ihre Bedeutung. Denn sie sind (in Summe) viel wichtiger für unsere alltägliche Ausgeglichenheit als die lauten „Bängs“. Die kleinen Dinge zu sehen und mit allen Sinnen wahrzunehmen, ist auch eine Übungssache. Hier können schon 30 Tage einen großen Unterschied machen.
So geht’s:
- Nehmen Sie ein A4-Blatt und teilen Sie es in dreimal 10 Felder ein. Nummerieren Sie diese Felder von 1 bis 30 und platzieren Sie das Blatt an einem gut sichtbaren Ort in Ihrer Wohnung, zum Beispiel am Kühlschrank.
- Gehen Sie mit etwas offeneren Augen als sonst durch den Alltag und versuchen Sie, Ihren Fokus immer wieder auf die (vermeintlich) kleinen Dinge des Augenblicks zu lenken. Egal, was Sie gerade machen.
- Schreiben Sie dann zu jeder Ziffer auf Ihrem Blatt jeweils einen Stichwort zum Kontext (z. B. erste Tulpe im Garten) und zu Ihrem Gefühl auf (z. B. Freude). Vielleicht merken Sie ja im Laufe des Monats, dass es leichter wird, diese Momente zu finden und Ihr Gefühl zu identifizieren.
- Am Ende der 30 Tage nehmen Sie sich etwas Zeit und lassen Sie Ihre „kleinen Momente“ und Ihre Empfindungen Revue passieren. Was macht das mit Ihnen – körperlich und seelisch?
- Wiederholen Sie die Übung, wenn Sie möchten. Oder kombinieren Sie sie mit dem Dankbarkeitsmoment aus Anregung 1.
Zusammenfassung
„Demut ist die Fähigkeit, auch zu den kleinsten Dingen des Lebens emporzusehen.“ (Albert Schweitzer)
Einen weiteren Kurzimpuls zum Thema finde Sie auch in diesem Blogartikel.
Quellen:
Artikelbild: Pexels – cottonbro-studio-5386372