Übergänge: Das Dazwischen gestalten

Übergänge. Es gibt die großen im Leben und die kleinen im Alltag. Sie bringen uns vom Einen ins Andere, vom Alten ins Neue, von der Vergangenheit in die Zukunft. Übergänge stehen für das Dazwischen und können aus diesem Wesen heraus verbindende Brücken sein. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie Übergänge in Ihrem Alltag bewusst gestalten und mit Veränderungen besser umgehen.

Übergänge & Veränderungen gestalten

Was haben Frühling und Herbst gemeinsam?

Richtig, es sind Jahreszeiten des Übergangs – von der Kälte hinein in die Pracht des Sommers, und umgekehrt von der Ernte hin zur ruhenden Natur. In Mitteleuropa sind wir an diesen Lauf der Jahreszeiten gewöhnt. Und wenn – wie in den letzten Jahren immer wieder geschehen – die Ausläufer des Winters direkt in den Frühsommer übergehen oder im Herbst noch sommerliche Temperaturen herrschen, dann merken wir das oftmals körperlich. Es ist anstrengend, weil der Übergang fehlt.

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Leben im Wandel

Unser Zeiterleben wird von Übergängen geprägt: Geburtstage, Jahrestage, Jahreswechsel. In vielen Kulturen werden der längste Tag und der kürzeste Tag sowie die beiden Tagundnachtgleichen auf verschiedene Weise wahrgenommen und je nach Ort und Tradition als Sonnenwendfeste gefeiert. Ebenso lässt der Alltag uns viele Übergänge erfahren, von der Nacht in den Tag, vom Tag in die Nacht, Mitternacht, Mittag – das sind besondere Zeiten.

Dazu kommen berufliche und individuelle Übergänge: erster Schultag, Wechsel in die weiterführende Schule, erste Partnerschaft, Berufsabschluss, erste Arbeitsstelle, Heirat, Familiengründung, Stellenwechsel, Umzug, Trennung, Pensionierung. Die Liste ließe sich weiter fortsetzen. Übergänge – kleine wie große – gehören einfach zum Leben. Sie sind Teil der menschlichen Existenz, beginnend mit unserer Geburt.


Die psychologische Perspektive

Die Entwicklungspsychologie bezeichnet bedeutende Übergänge im Leben eines Menschen als Transition. Innerhalb solcher Phasen finden in relativ kurzer Zeit wichtige Veränderungen statt. Die Anpassung an eine neue Situation oder an neue Lebensumstände wird oft als Belastung wahrgenommen. Gelingt sie nicht (sofort), entsteht Stress. So kann sich ein Übergang als kritisches Lebensereignis positiv oder negativ auf unsere weitere Entwicklung auswirken. Ob und wie Menschen einen Übergang meistern, hängt u. a. von ihrer psychischen Widerstandsfähigkeit ab (Resilienz).

Ein Übergang

  • ist eine Zeit des Wandels und der Veränderung.
  • ist eine Zeit verstärkter Anforderung und intensivster Entwicklung.
  • kann als kritische Lebensphase angesehen werden.
  • bedeutet verstärkten Energieeinsatz, um diesen Schritt zu bewerkstelligen.
  • bedeutet das Lernen von neuen Verhaltensweisen.
  • birgt Chancen, ist aber auch eine Herausforderung für alle Beteiligten.

Rituale und Routinen

Die großen Übergänge im Leben verunsichern oft und sie machen Angst. Für unsere Entwicklung – einzeln als Individuen und gemeinsam als Gesellschaft – ist es zugleich wichtig, sie gut und erfolgreich zu bewältigen.
Es braucht eine Art Hilfestellung, einen bewussten Anfang des Übergangs, einen gemeinsamen Rahmen. Es braucht Rituale und ihre kleinen Schwestern im Alltag, die Routinen.

Rituale helfen den Menschen, lebensgeschichtlich einschneidende Übergänge zu gestalten. Dazu gehören Rituale zur Begrüßung von Neugeborenen, Feiern zur Initiation von Jugendlichen, religiöse Liturgien ebenso wie Hochzeits- und Trauerrituale. In vielfältigen Formen feiern sie die verschiedenen Phasen eines Übergangs.

Diese Festzeiten unterbrechen den normalen Lebensablauf und werden oft auch als etwas Besonderes hervorgehoben. Routinen übernehmen diese Funktion im Alltag. Sie geben uns Orientierung, wenn es darum geht, Übergänge wahrzunehmen, zu gestalten und zu leben.


Mut aus dem Herzen

Jeder Übergang ist eine Veränderung, und oftmals lässt sich der Ausgang dieser Veränderung anfangs nicht absehen. In einem Übergang wagen wir uns in unbekanntes Gebiet vor und wissen noch nicht, was uns erwartet. Das braucht Mut.

Mut ist somit ein entscheidendes Element für das Gelingen von Übergängen. Ohne Mut laufen wir Gefahr, den Übergang doch zu vermeiden oder im Übergang selbst steckenzubleiben.

Dieser Mut erwächst aus unserem Herzen. Nicht ohne Grund ist „courage“, der französische Begriff für „Mut“, sprachgeschichtlich mit „cœur“ verwandt – zu Deutsch „Herz“. Mutig sein in diesem Sinne heißt also, mit dem Herzen dabei sein, beherzt das Leben wagen.

Und dazu gehört es auch, dass wir uns Übergänge zumuten. Ohne diesen Mut bleiben wir stehen. Übergänge sind die Brücken zu unserem zukünftigen Ich.


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Praxisteil

Übergänge sind Teil des Lebens – häufig und wichtig zugleich. Es gilt, sie als solche bewusst wahrzunehmen, wertzuschätzen und zu gestalten. Gelegenheit dazu haben wir genug. Denn es müssen nicht immer die großen, gleich lebensverändernden Übergänge sein.

Auch die vermeintlich kleinen Übergänge lassen sich gestalten. Für mehr Bewusstheit im Alltag, zum „Üben“ unserer Veränderungskompetenz und für die stets wunderbare Erfahrung der eigenen Selbstwirksamkeit.

So gestärkt, vertrauen wir in uns und ins Leben. Und wir können das wahre Wesen des Übergangs wirklich spüren: den Zauber des Anfangs.

  • Anregung 1: Übergänge gestalten – Mikrotransitionen
  • Anregung 2: Übergänge begleiten (lassen)

Praxistipp 1: Übergänge gestalten – Mikrotransitionen

Wer beim Sport „kalt“ startet, ohne sich aufzuwärmen, riskiert Verletzungen. Wer sich nach einer intensiven Belastung sofort aufs Sofa wirft, ebenfalls. Der Körper braucht den Übergang, nicht nur beim Sport.

Überlegen Sie:

Welche Übergänge gibt es in Ihrem Alltag, die sich wiederholen? Die Zeit direkt nach dem Aufwachen am Morgen, den Start in die Arbeit, den Wechsel zwischen Aktivität und Pause, unterschiedliche Tätigkeiten, den Übergang in den Feierabend, ins Wochenende oder in den Urlaub?

Wie gestalten Sie diese Übergänge im Moment? Oder auch nicht?

Wie geht es Ihnen, wenn Sie auf den Übergang achten? Was passiert, wenn Sie Übergänge übersehen oder übergehen? Wie geht es Ihnen dann?

Wählen Sie einen Übergang aus, den Sie bewusst(er) gestalten können – vielleicht mit einem kleinen Ritual?


Praxistipp 2: Übergänge begleiten (lassen)

Der Pfarrer führt als Liturg durch eine religiöse Trauerfeier. Die Standesbeamtin gestaltet die Zeremonie der Eheschließung. Manchmal brauchen Übergänge Begleitung – nicht nur von Amts wegen, sondern weil es besondere Situationen sind.

Seelsorgerinnen und Seelsorger, Beraterinnen und Berater, Coaches oder Therapeutinnen und Therapeuten sind auch Begleitende im Übergang. Sie verfügen über die sogenannte Schwellenkompetenz, sind geschult darin, zu erkennen, wann eine Person Schutz braucht, wann Ermutigung, um über die Schwelle einer Veränderung oder eines Lernprozesses zu treten.

Manche Übergänge sind schwierig oder belastend, und wir müssen sie nicht allein bewältigen. Ein Beispiel dafür ist die Rückkehr an den Arbeitsplatz nach einer längeren Krankheit. Hier kann das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) unterstützen.

Das BEM ist ein gesetzlich vorgeschriebener, strukturierter Prozess, an dem neben der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter auch Personalabteilung, BEM-Beauftragte, Betriebsrat oder Schwerbehindertenvertretung beteiligt sind. Gemeinsam werden Maßnahmen besprochen und umgesetzt, die der oder dem Betroffenen helfen, im alten Job wieder Fuß zu fassen oder sich neu zu orientieren.

Auch so lassen sich Übergänge gestalten.


Quellen:
https://www.ebi-zuerich.ch/cm_data/EBI-Uebergaenge-FranzLiechti-Genge.pdf (zuletzt abgerufen am 23.01.24)
https://www.nifbe.de/component/themensammlung?view=item&id=591 (zuletzt abgerufen am 23.01.24)

Artikelbild: Pexels, vignesh-sy-2408154

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